Harzer Schmalspurbahnen – Unterwegs in Europas größtem Dampfzugnetz

Heute nehmen wir euch mit auf eine nostalgische Reise mit den Harzer Schmalspurbahnen und stellen euch die schönsten Strecken und Züge genauer vor.

Inhaltsverzeichnis

Der Harz, das höchste Mittelgebirge Deutschlands, zieht mit seinen Burgen, Fachwerkstädten, Flüssen und Tälern jedes Jahr unzählige Besucher aus ganz Deutschland an. 25.000 Hektar ist der Harz groß und es gibt unzählige Wege, den länderübergreifenden Nationalpark zu erkunden. Der zweifellos romantischste ist, eine Fahrt mit den Harzer Schmalspurbahnen. In unserem Artikel stellen wir euch die drei Hauptstrecken vor, schauen uns die Geschichte der Bahnen an und zeigen euch die schönsten Loks und Waggons. Am Ende haben wir noch einige praktische Tipps für euch zusammengefasst.

Die Strecken der Harzer Schmalspurbahnen

140 km Streckenlänge umfasst das Netz der Harzer Schmalspurbahnen. Somit ist es das längste Streckennetz in Deutschland, das mit Dampfloks betrieben wird. Mit den historischen Dampfloks könnt ihr das ganze Jahr über den Harz zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen erkunden.

Harzer Schmalspurbahnen
Ein Zug der Harquerbahn steht am Bahnhof Nordhausen.

Harzquerbahn

60 Kilometer ist die Strecke lang, die von Wernigerode in Sachsen-Anhalt bis nach Nordhausen in Thüringen führt und somit einmal von Norden nach Süden durch den Harz verläuft. Die Harzquerbahn ist somit die längste der drei Harzer Schmalspurbahnen und gerade für Eisenbahnfans ideal, die vor allem eine gemütliche Fahrt unternehmen möchten.

Wernigerode mit seinen vielen Fachwerkhäusern, dem wunderschönen Rathaus und seinem Schloss mit Museum ist dabei ein idealer Ausgangspunkt für die nun folgende Reise. Wenn ihr euch eher für Luft- und Raumfahrttechnik interessiert, dann schaut doch mal im Luftfahrtmuseum im Norden der Stadt vorbei.

Sonderbriefmarken der DDR aus dem Jahr 1983

300m Höhenunterschied

Schon bald nach Verlassen der Stadt auf 234 m Höhe müssen die Dampfloks einen echten Kraftakt leisten, denn der Höhenunterschied über Steinerne Renne bis Drei Annen Hohne beträgt ganze 300 Meter! Die Fahrt führt durch das Drängetal, den Übergangspunkt von Brockenmassiv und Harz mit seiner durch Schiefer und Granit geprägten Landschaft.

Hier befindet sich auch der einzige Tunnel der Harzer Schmalspurbahnen – ein besonderes Erlebnis! In Drei Annen Hohne habt ihr dann die Qual der Wahl: Entweder ihr kostet das Wanderparadies voll aus und besteigt von hier aus den Brocken. Wenn euch das zu anstrengend ist, könnt ihr hier in die Brockenbahn umsteigen und den Weg auf den höchsten Berg des Harzes ganz bequem im Zug zurücklegen.

Perfekte Luft für Boxweltmeister

Ihr wollt lieber gleich weiterfahren? Kein Problem, bisher haben wir erst rund ein Viertel der Strecke absolviert. Auf etwa gleicher Höhe geht es jetzt nämlich über mehrere Hochebenen nach Benneckenstein, wo einst der berühmte Schwergewichts-Boxweltmeister Max Schmeling für seine Kämpf trainierte. Hier haben wir bereits die Hälfte der Strecke hinter uns. Nur wenige Minuten später ist der Bahnhof Eisfelder Talmühle erreicht, wo Anschluss an die Selketalbahn besteht.

Harzer Schmalspurbahnen
Gleich geht es mit der Harzquerbahn durch den Harz.

Bergbau und Schnaps in Nordthüringen

Nun geht es durch tiefe Täler mit Wäldern nach Ilfeld mit dem Beretal, das oft auch als Tor zum Harz bezeichnet wird. Bei Ilfeld könnt ihr euch im Schaubergwerk Lange Wand über den Erzabbau im Südharz informieren. An mehreren Flüssen vorbei führt die Fahrt dann nach Nordhausen Nord, dem Endbahnhof dieser Strecke der Harzer Schmalspurbahnen.

Nordhausen liegt bereits im Norden Thüringens. Auch hier erwarten euch wunderschöne Fachwerkhäuser sowie einige Museen. Wenn ihr nach der langen Fahrt erstmal einen Schnaps benötigt, dann besucht doch die Nordhäuser Brennerei. Hier wird unter anderem der berühmte Nordhäuser Doppelkorn hergestellt – Prost!

Bahnhof Eisfelder Talmühle
An der Eisfelder Talmühle treffen sich Harzquerbahn und Selketalbahn.

Selketalbahn

Ursprünglich war die Selketalbahn unter dem Namen Gernrode-Harzgerode Eisenbahn bekannt, der neue Name ist aber viel eingängiger. Ihren Namen verdankt die Bahn dem Fluss Selke, deren Verlauf sie teilweise folgt. Schon seit 1887 kursiert die Selketalbahn, was sie zur ältesten der Harzer Schmalspurbahnen macht.

Eigentlich hätte es sie gar nicht mehr geben dürfen, da die Gleise eines Teils der Strecke nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationszahlung an die Sowjetunion gingen. In den 80er Jahren erfolgte dann aber ihre Wiedereinrichtung, auch um ein Heizkraftwerk mit Braunkohle versorgen zu können. Die Selketalbahn startet mittlerweile in Quedlinburg und endet am Bahnhof Eisfelder Talmühle, wo ihr in die Harzquerbahn umsteigen könnt.

Quedlinburg – Fachwerkstadt mit UNESCO-Welterbe

Quedlinburg ist vor allem für den Schatz in der Stiftskirche St. Servati bekannt, der wertvolle Skulpturen, Gemälde und viele Reliquien umfasst. Aufgrund seiner einzigartigen historischen Bebauung ist die Stadt Teil des UNESCO-Weltkulturerbes, vor Fahrtantritt solltet ihr euch also genügend Zeit für die Besichtigung nehmen. Quedlinburg ist übrigens erst seit 2006 Teil der Selketalbahn. Die historische Strecke endete in Gernrode, ab hier fuhren Züge in Normalspurbreite. Die Deutsche Bahn stellte den Betrieb dieses Abschnitts aber ein und zum Glück übernahmen die Harzer Schmalspurbahnen das Zepter und verlängerten den Abschnitt bis Quedlinburg.

Von der Kuckucksuhr zum Wasserfall

In Gernrode lohnt es sich, eine Pause einzulegen. Hier befand sich der VEB Harzer Uhren und auch heute werden hier noch Kuckucksuhren hergestellt. Wie wäre es mit einem Besuch des Museums des traditionsreichen Unternehmens? Hier könnt ihr auch die weltgrößte Kuckucksuhr außerhalb des Schwarzwalds bewundern. Ab Gernrode geht es dann auf der historischen Strecke weiter vorbei am Osterteich, dem Heiligen Teich bis nach Sternhaus und ab dort weiter durch das namensgebende Selketal. In der pittoresken Landschaft mit ihren hohen Felsen könnt ihr tolle Fotos machen. Zwischen Mägdesprung und Alexisbad befindet sich der Selkefall, ein im 19. Jahrhundert künstlich angelegter Wasserfall.

Vom Anhalt im Harz ins Bergbaumuseum

Danach geht es weiter auf die Harzgeroder Hochebene. In Harzgerode erwartet euch ein Schloss aus dem 14. Jahrhundert, in dem früher die anhaltinischen Fürsten residierten. Harzgerode markiert auch das Ende des ersten Teils der Selketalbahn. Über Silberhütte gelangt ihr nach Straßberg–Glasebach. Die Region war schon im Mittelalter vom Bergbau geprägt. Im Bergwerksmuseum Grube Glasebach könnt ihr euch über die Geschichte des Bergbaus in der Region informieren.

Vorsicht, Mausefalle!

Nun verlasst ihr die Hochebene und die Selketalbahn führt wieder bergan nach Güntersberge. Hier gibt es tatsächlich ein Mausefallenmuseum. Und weil das den Güntersbergern noch nicht verrückt genug ist, wurden hier noch viele andere Kuriositäten zusammengetragen. Über Friedrichshöhe und Albrechtshaus geht es nach Stiege, wo eine Abzweigung nach Hasselfelde erfolgt, das Ende des zweiten Streckenabschnitts der Selketalbahn. Die Bahn führt über die Verbindungsstrecke weiter zum Birkenmoor und dann bergab ins Beretal und dann zum Bahnhof Eisfelder Talmühle, wo ihr in die Harzquerbahn umsteigen könnt.

Brockenbahn Harzer Schmalspurbahnen
Am Bahnhof Drei Annen Hohe

Brockenbahn

Eine Fahrt mit der Brockenbahn zählt sich zu den schönsten Urlaubserlebnissen im Harz und die Strecke ist die vielleicht schönste der Harzer Schmalspurbahnen. Die Strecke besteht schon seit Ende des 19. Jh. und durch die Dampfloks entsteht der Eindruck, dass hier die Zeit stehengeblieben ist. In gut 1 Stunde und 40 Minuten geht es von Wernigerode zunächst auf derselben Strecke wie der Harzquerbahn nach Süden, ehe ihr bei Drei Annen Hohe dann in die Brockenbahn umsteigen könnt.

Einmal im Kreis um den Brocken

Wenn ihr erst dort zusteigen möchtet, braucht ihr für die Fahrt nur rund 50 Minuten. Das Schöne an der Strecke ist, dass ihr unterwegs nicht nur durch die malerische Wald- und Gebirgslandschaft fahrt, sondern der Zug den Berg quasi einmal umrundet, bevor der Gipfel erreicht ist. So könnt ihr den Brocken von allen Seiten bewundern.

Mit 1142 Metern ist der Brocken der mit Abstand höchste Gipfel in Sachsen-Anhalt. Mit der atemberaubenden Aussicht, die ihr von hier genießen könnt, endet dieses Teilstück der Harzer Schmalspurbahnen. Der Bahnhof befindet sich auf 1125 Meter Höhe und ist somit der höchste Schmalspurbahnhof Deutschlands. Die letzten paar Meter zu Fuß sollten dann dank der gut ausgebauten Wege kein Problem mehr darstellen.

Goethe und die Hexen auf dem Brocken

Es gibt nur wenige Orte in unserem Land, die von so vielen Sagen und Geschichten umweht werden wie der oft eisig kalte Brocken. Das liegt vor allem daran, dass der Brocken oft von Nebel umgeben ist. Dämonen, Hexen und viele andere Gestalten haben seit je her die Fantasie der Menschen angeregt. Der Brocken soll als Versammlungsort für den Hexensabbat zur Walpurgisnacht dienen, der nicht nur Goethe zu seinem „Faust“ inspiriert hat. Ob man nun an Hexen und Dämonen glaubt oder nicht – ein Gespenst gibt es hier wirklich! Das Brockengespenst ist ein Naturphänomen und basiert auf einer Luftspiegelung. Merkwürdige Umrisse im Nebel wirken dann tatsächlich so, als ob es hier spuken würde!

Mehr über die Natur im Nationalpark Harz erfahren

Auf dem Brocken könnt ihr euch im Nationalpark-Besucherzentrum Brockenhaus über die Geschichte und die Natur der Region informieren und werdet auf einen virtuellen Flug mit einem Hexenbesen mitgenommen! Die Fahrt ist übrigens ganzjährig möglich. Im Sommer fahren bis zu elf Züge täglich auf den Brocken, im Winter sind es sechs. Ob im Sommer oder Winter, eine Fahrt mit der Brockenbahn ist auf jeden Fall zu jeder Jahreszeit ein Erlebnis! Einziger Nachteil: Wirklich günstig ist die Fahrt mit der Brockenbahn für derzeit 31 Euro für die einfache Fahrt und 47 Euro für Hin- und Rückfahrt nicht.

harzer schmalspurbahnen
Diese Lok vom Typ 99 7247 kämpft sich schnaubend durch die felsige Landschaft (Bild von  von Stephanie Albert auf Pixabay)

Die Loks der Harzer Schmalspurbahnen

Eines vorweg: Nicht nur alte Dampfloks verkehren auf den Strecken der Harzer Schmalspurbahnen, sondern auch ganz gewöhnliche Dieselloks. Die Strecke ist dieselbe, aber eine Fahrt mit den Bahnen ist natürlich gerade auch wegen der alten Loks ein Erlebnis. Ihr solltet euch also darüber informieren, welche Lok auf welcher Strecke zu welcher Zeit eingesetzt wird, um das schönste Fahrterlebnis zu haben.

Die 997235 an der Eisfelder Talmühle

997231 bis 7247

25 Dampflokomotiven sind noch in Betrieb. Die allermeisten von ihnen sind vom Typ 997231 bis 7247 (alte Bezeichnung 99 231 bis 247) und wurden von der Reichsbahn, wie die Bahn in der DDR hieß, ab Mitte der 50er Jahre eingesetzt, in modernisierter Form dann ab den 70er Jahren. In der DDR waren die Loks für einige Jahre mit einer Ölhauptfeuerung ausgestattet. Nach der Energiekrise Anfang der 80er Jahre wurden sie aber wieder auf Kohlebetrieb umgestellt.

99 5901 bis 5903

Viele der Loks sind aber deutlich älter und stammen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von den Loks 99 5901 bis 5903 (NWE 11 bis 22) gibt es heute noch drei Stück, einsatzfähig sind aber nur noch zwei von ihnen. Gefertigt wurden sie in den 30er Jahren von der Berliner Maschinenbau-Actien-Gesellschaft.

99 5906

Die Lok 99 5906 gibt es nur noch einmal. Sie wird aber derzeit repariert und ist wie die oben erwähnten Loks aus Berlin eine sog. Mallet-Lokomotive. Diese Lok-Art wurde in Frankreich speziell für kurvenreiche Strecken entwickelt und ist daher ideal für den Einsatz auf den Strecken der Harzer Schmalspurbahnen. Gebaut wurde sie 1918 in Karlsruhe und war ursprünglich für militärische Zwecke gedacht.

99 6001, 996101, 996102 und 99 7222

Ein Exemplar hat sich auch von der LOK 99 6001 (NWE Nr. 21) erhalten. Verantwortlich war die Firma Krupp aus Essen. Weltweit handelt es sich um das einzige Exemplar dieses Prototyps. Nach der Wende war sie kurzzeitig in grüner Farbe unterwegs, weshalb man sie auch als „Laubfrosch“ bezeichnete, heute fährt sie wieder klassisch in Schwarz. „Pfiffi und Fiffi“ heißen die beiden schönen Loks des Typs 996101 und 6102 (NWE 6 und 7). Sie wurden vom Kassler Unternehmen Henschel in der Zeit des Ersten Weltkriegs gefertigt. Den Abschluss bildet die Lok 99 7222, die noch heute meist unter der alten Bezeichnung 99222 fährt und in Berlin hergestellt wurde.

Dieseltriebwagen der Harzer Schmalspurbahnen
Auch Dieseltriebwagen sind bei den Harzer Schmalspurbahnen im Einsatz.

Dieseltriebwagen

Daneben gibt es wie oben angesprochen noch einige Dieseltriebwagen und Diesellokomotiven. Natürlich ist eine Fahrt mit einem solchen Zug weniger spannend, aber gerade die noch aus den 30er und 50er Jahre stammenden Modelle aus Dessau, Aachen und Heidelberg sind wunderschön anzusehen. Bei den neueren Modellen handelt es sich teilweise auch um Normallokomotiven, die eigens für den Einsatz auf der Schmalspur umgebaut wurden.

Praktische Tipps zu den Harzer Schmalspurbahnen

Alle wichtigen Infos zu den Harzer Schmalspurbahnen findet ihr auf der Website der Betreibergesellschaft HSB. Sie ist für alle drei Strecken verantwortlich und organisiert auch die unten beschriebenen Sondertouren.

Anreise

Das Praktische an den Harzer Schmalspurbahnen ist, dass ihre Endbahnhöfe gut an das deutsche Bahnnetz angebunden sind. Wernigerode, den Ausgangspunkt der Harzquerbahn, erreicht ihr mit dem Zug bequem von Hannover, Braunschweig, Goslar, Halberstadt, Magdeburg, Berlin, Halle an der Saale und Leipzig aus.

Der Start der Brockenbahn erfolgt in Drei Annen Hohe. Hierhin könnt ihr entweder ein Teilstück mit der Harzquerbahn fahren, oder ihr parkt euer Auto hier, es stehen ausreichend Parkplätze zur Verfügung.

Quedlinburg schließlich markiert den Anfang der Selketalbahn und ist von Halberstadt, Magdeburg, Berlin, Halle an der Saale und Leipzig aus leicht zu erreichen.

Besondere Touren

Die HSB organisiert eine Vielzahl an Sondertouren, die ihr hier einsehen könnt. Es gibt eine ganze Reihe an spannenden Touren zu unterschiedlichen Jahreszeiten, beispielsweise an Silvester, in der Vorweihnachtszeit oder zu Ostern, aber auch Sonderfahrten in der Abenddämmerung, mit Krimi-Dinner oder eine Weinprobe.

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Markus Bingel hat lange in Polen, der Ukraine und Russland studiert und gearbeitet. Als Reisebuchautor zieht es ihn mehrmals im Jahr in die Länder des „Wild East“ – und noch immer ist er jedes Mal fasziniert von dieser Region. Als Co-Gründer des Blogs möchte er euch gerne die unbekannten, spannenden und immer wieder überraschenden Seiten Osteuropas vorstellen.

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