Der Naumburger Dom zählt zweifellos zu den schönsten Kirchen Europas. Das ist sogar die ganz offizielle Meinung der UNESCO, die den Dom 2018 zum Welterbe erklärte. Und auch die Geschichte des Domes ist einzigartig. Um das Jahr 1200 wird entschieden: Wir brauchen eine prächtige neue Kathedrale für unser Bistum Naumburg. Das ist der Startschuss für einen der imposantesten Kirchenbauten – nicht nur in Sachsen-Anhalt. Zuerst werden die Türme gebaut. Durch das Bistum wird der Dom zu einem Anziehungspunkt für das geistliche und weltliche Leben in der Region.
Uta von Naumburg – Die schönste Frau des Mittelalters
Der Dom wurde von 12 Adligen gestiftet, die im Westchor durch die Stifterfiguren geehrt werden. Ihre Darstellung ist für ihre Zeit einzigartig menschlich und realistisch. Zur Zeit der Schaffung der Figuren waren die Stifter schon fast 200 Jahre tot, sie sehen jedoch sehr lebendig aus. Die bekanntesten Stifterfiguren sind die von Ekkehard und seiner Gemahlin Uta.
Uta war eine Gräfin aus dem Hause Ballenstedt und gilt als Symbol der ritterlich-höfischen Tradition Deutschlands. Sie steht auch als Symbol für Deutschland selbst. Auch heute noch zieht sie Besucher in ihren Bann, wie die Auswahl an Büchern über sie im Buchladen des Domes bezeugt. Und auch der italienische Philosoph und Schriftsteller Umberto Eco sagte einst über Uta:
„Wenn Sie mich fragen, mit welcher Frau in der Geschichte der Kunst ich essen gehen und einen Abend verbringen würde, wäre da zuerst Uta von Naumburg.“
Umberto Eco
Naumburger Meister – Der unbekannte Superstar
Diese Anmut und den Glanz hat Uta vor allem dem Schöpfer der Figuren zu verdanken: dem Naumburger Meister. Untersuchungen zeigen, dass der Erschaffer dieses urdeutschen Symbols übrigens aus Frankreich kam. Der Naumburger Meister gilt als einer der besten Bildhauer des späten Mittelalters und hat mit dem Westchor des Doms eines der schönsten Kunstwerke dieser Zeit geschaffen. In seiner Zeit war es üblich, dass Künstler nicht namentlich bekannt waren. Daher wissen Historiker bis heute nicht einmal den wirklichen Namen des Naumburger Meisters. Durch andere Kunstwerken in Kathedralen in Frankreich oder Mainz lässt sich aber immerhin sein Werdegang nachzeichnen.
Lettner in einer evangelischen Kirche
Der Naumburger Meister schuf viele der wichtigsten Bestandteile des Domes. Zu den Kunstwerken gehört auch der Lettner vor dem Westchor. Nur noch selten finden sich Lettner in evangelischen Kirchen. Sie begrenzten den geistigen Raum von dem der Laien. Einst wurde hinter den Lettnern gepredigt und davor später die Hostien ausgegeben. Mit der Reformation wurden die Lettner in den meisten evangelischen Kirchen entfernt. Im Naumburger Dom sind jedoch bis heute sogar zwei davon erhalten. Der Lettner am Westchor mit seinen vielen Figuren und Darstellungen aus der Bibel ist eines der schönsten Kunstwerke seiner Zeit. Der Fokus der Darstellungen bezieht sich auf die Passion, also den Leidensweg Christi.
Faszinierende Kunst der Glasfenster
Besonders die Glasfenster im Westchor sind beeindruckende Kunstwerke und verdeutlichen die Absichten, die die Kunstwerke zur damaligen Zeit mit sich brachten: die Vermittlung von religiösen Ansichten. Auch Menschen, die nicht lesen konnten, sollten so die fromme Botschaft verstehen können. Viele der Glasfenster entstanden zu der Zeit des Naumburger Meisters und wurden von handwerklich sehr versierten Malern geschaffen. Ein internationales Team hat die Fenster in den letzten Jahren restauriert. Und es gibt auch neue Fenster im Naumburger Dom: Der Künstler Neo Rauch gestalte drei Fenster für die Elisabethkapelle, die dort nun zu sehen sind.
Türme am Naumburger Dom – Hoch hinaus in die Gotik
Die Türme zeigen den Stilmix dieser einzigartigen Kathedrale. Die Osttürme sind romanisch, während die bekannten Westtürme aus der Gotik und Neogotik stammen. Sie sind rund 60 Meter hoch. Beim Anblick der Türme könnte man meinen sie wären beide zur selben Zeit entstanden. Jedoch wurde der Nordwestturm zur Zeit des Naumburger Meisters begonnen und im 16. Jahrhundert vollendet. Der Südwestturm hingegen wurde erst 1884 in seiner jetzigen Form fertiggestellt.
Die Skulpturen am Nordwestturm wurden unter Verantwortung des Naumburger Meisters hergestellt und zeigen nicht nur Tiere, sondern auch Menschen. Von den Türmen eröffnet sich ein großartiger Blick auf die Stadt.
Krypta und Domschatz – Romanik unter der Gotik
In den Kellergewölben findet sich die Krypta. Hier ist auch ein romanischer Kruzifix zu finden. Er ist nicht nur wegen seines Alters so besonders, sondern auch wegen dem Blick Christi, der trotz des Todes wach und lebendig scheint. Ein tief christliches Zeichen des Lebens nach dem Tod. Die Krypta ist sehr fotogen und erinnert an die im Kloster Memleben. Im Domschatz finden wechselnden Ausstellungen statt.
Unter anderem könnt ihr hier auch Chorbücher sehen. In die reich verzierten Pergamentschriften, haben die Autoren auch damals schon Noten eingefügt, die man über den Buchstaben erkennen kann. Sie lagen im Ostchor und waren für die Stundengebete da, von denen jeweils sieben Gebete pro Tag stattfanden.
Lutherfigur und evangelische Kirche
Dennoch haben auch Symbole des Protestantismus in Naumburger Dom Einzug gehalten. Dazu gehört zum Beispiel die Lutherfigur. Denn 1542 fand hier für die damalige Zeit etwas Ungeheuerliches statt: Martin Luther selbst weiht den ersten evangelischen Bischof Nikolaus von Amsdorf in sein Amt ein. Auch wenn er kurz darauf abgesetzt wird und für einen Katholiken Platz machen muss, ist dieses Ereignis bis heute von Bedeutung. 1564 schließlich wird das Bistum aufgelöst und der Dom bekommt eine evangelische Gemeinde. Bis heute ist der Dom eine lebendige Kirche, in der Gottesdienste stattfinden.
Tipps für den Besuch im Naumburger Dom
Öffnungszeiten
März bis Oktober
Montag bis Samstag 9–18 Uhr
Sonntag und an kirchlichen Feiertagen 11–18 Uhr
November bis Februar
Montag bis Samstag 10–16 Uhr
Sonntag und an kirchlichen Feiertagen 12–16 Uhr
Eintritt Naumburger Dom
Ein Besuch im Dom ist jederzeit möglich. Jedoch kostet der Besuch Eintritt. Es gibt zwei Möglichkeiten den Dom zu besuchen
- Mit Audioguide: 7,50 Euro für Erwachsene
- Mit Führung: 9,50 Euro für Erwachsene
Aufstieg zu den Türmen
Eine Führung zu den Türmen ist jeweils von Freitag bis Sonntag und an kirchlichen Feiertagen um 15 Uhr möglich und kostet 3 Euro zusätzlich pro Person.
Alle aktuellen Informationen findet ihr zudem auf der Webseite des Domes.
Buchtipps
Noch nicht genug vom Naumburger Dom? Kein Problem, diese Bücher ermöglichen euch einen vertiefenden Einblick in das bauliche Meisterwerk!
Zweibändiges Kompendium, in dem ihr auf 1414 Seiten wirklich alles über den Naumburger Dom erfahrt, was ihr wissen müsst.
Dieses erst wenige Jahre alte Werk bietet euch etwas weniger Details, ist dafür aber super recherchiert und beleuchtet die UNESCO-Welterbestätte vor allem unter kunsthistorischen Aspekten.
Wenn ihr euch vor allem für die wertvollen Glaskunstarbeiten interessiert und die Fenster im Dom genauer untersuchen wollt, dann liegt ihr mit diesem Büchlein richtig.
Dieses Buch widmet sich hingegen ausschließlich der Elisabethkapelle und den von Neo Rauch gestalteten Glasfenstern.