Zabrze im Herzen Schlesiens haben viele ausländische Touristen nicht wirklich auf dem Schirm, wenn es um die schönsten Reiseziele in Polen geht. Dabei hat die Stadt einiges zu bieten und Zabrze hat seinen grauen Schleier in den letzten Jahren abgelegt und ist zu einer lebendigen Großstadt geworden. Es gibt einiges zu sehen und die Stadtverwaltung tut viel, um das historische Erbe der Region zu bewahren und in touristischer Hinsicht neue Wege zu beschreiten. Grund genug für mich also, Zabrze mal einen Besuch abzustatten und euch die schönsten Zabrze Sehenswürdigkeiten zu zeigen!
Die Geschichte von Zabrze
Man glaubt es kaum, aber Zabrze ist 2022 erst 100 Jahre alt geworden! Aber wie kommt es dazu? Eigentlich ist der Ort viel älter und war mit 150.000 Einwohnern um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sogar das größte Dorf Europas. Verantwortlich für dieses Kuriosum waren die Bürger Zabrzes selbst, die sich lange Zeit aus steuerlichen Gründen wehrten, als Stadt anerkannt zu werden.
Der Aufstieg Zabrzes zu einem bedeutenden Bergbaustandort ist eng mit der Industrialisierung verbunden und ab dem 19. Jh. wurden hier zahlreiche Schächte errichtet, um Kohle zu fördern. Diese diente anfangs als Heizmaterial, aber mit der Erfindung des Stahls, für dessen Produktion Unmengen an Kohle benötigt wurden, intensivierte sich der Abbau noch einmal.
1915 wurde die Landgemeinde dann zu Ehren des damaligen Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg in „Hindenburg O.S.“ (Oberschlesien) umbenannt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Oberschlesien dann nach drei Aufständen und einer Volksabstimmung und einer Volksabstimmung zwischen Polen und dem Deutschen Reich aufgeteilt, wobei Hindenburg im Reich verblieb und 1922 die Stadtrechte erhielt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt dann polnisch und erhielt wieder den Namen Zabrze. Mit der Wendezeit und der allgemeinen Kohlekrise erfolgte dann der Niedergang der Stadt, von dem sie sich lange nicht erholt hat. In den letzten Jahren hat aber ein neuer Geist in der Stadt Einzug gehalten. Man ist stolz auf das historische Erbe, kümmert sich um bauliche Spuren der Vergangenheit und hat zahlreiche Ausstellungen und Erlebniswelten eingerichtet, die sich rund um das Erbe als Bergbaustadt drehen.
Das sind die schönsten Zabrze Sehenswürdigkeiten
Heute präsentiert sich Zabrze mal modern, mal noch genauso wie vor 100 Jahren und das ist genau das, was den besonderen Reiz dieses Ortes ausmacht und weshalb ich euch die Stadt hier einmal genauer vorstellen möchte. Aber genug der Vorrede, los geht’s mit den schönsten Zabrze Sehenswürdigkeiten!
Bergwerksmuseum Guido
Wenn ihr euch von der reichen Geschichte des Kohleabbaus in Oberschlesien überzeugen wollt, dann gibt es keinen besseren Ort als das Schaubergwerk Kopalnia Guido. 1855 gründete Guido Henckel von Donnersmarck hier ein Kohlebergwerk, in dem die Förderung nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt wurde und das später als Versuchsbergwerk und Museum genutzt wurde. Über den Schacht „Kolejowy“ geht es heute mit einem Originalaufzug in 4m/Sekunde in atemberaubender Geschwindigkeit in die Tiefe. Ihr solltet euch gut festhalten, denn hier ist alles noch so wie vor wenigen Jahrzehnten.
320 Meter tief saust das Gefährt ins Dunkle, dann geht die eigentliche Führung durch das Bergwerk los (auch auf Deutsch und Englisch möglich). Unterwegs erfahrt ihr alles über die Geschichte des Bergbaus in der Region und bekommt sehr anschaulich erklärt, wie sich der Abbau des „Schwarzen Goldes“ im Laufe der Zeit verändert hat. Alleine könnt ihr die Tour übrigens nicht machen – und das ist auch gut so, denn in dem verschachtelten Komplex wärt ihr sonst hoffnungslos verloren. Neben vielen historischen Infos und einigen gebückten Spaziergängen erwartet euch unten noch eine besondere Überraschung: der laut eigenen Aussage tiefste Pub der Welt, in dem sogar ein eigens für das Bergwerk gebrautes Bier ausgeschenkt wird!
Arena Zabrze (Ernst-Pohl-Stadion)
Der Fußballklub Górnik Zabrze ist in Polen Kult und bis heute Rekordmeister. Hinsichtlich der Fanbasis (und aufgrund der Bergarbeitergeschichte) kann man ihn vielleicht am besten mit Schalke oder Dortmund vergleichen. Zur spannenden Vergangenheit des Vereins, in dem heute Lukas Podolski („Poldi“) spielt, werden wir hier bald einen eigenen Artikel veröffentlichen. Das nach dem schlesischen Fußballer Ernst (poln. Ernest) Pohl benannte Stadion wurde 1934 errichtet und man baute damals auch eine überdachte Tribüne eigens für einen Besuch Hitlers. Der Empfang des Diktators fand dann aber kurzfristig an einem anderen Ort in der Stadt statt.
Diese Tribüne steht heute noch und lässt das Herz von Fußballromantikern höherschlagen. Allerdings nicht mehr lange, denn um sie herum ist ein modernes Stadion entstanden und bald wird die Tribüne abgerissen, damit alle Seiten des 2016 umgebauten Stadions ein modernes, einheitliches Bild abgeben. Um die einzigartige Atmosphäre im Stadion zu spüren, besucht ihr natürlich am besten ein Spiel von Górnik (übersetzt: „Bergarbeiter“). Alternativ könnt ihr aber auch an einer Führung auf Englisch teilnehmen und werdet dazu sogar auf Wunsch vom Mannschaftsbus bei eurem Hotel abgeholt!
Kirche St. Josef
Nach Verlassen des Stadions ist mir sofort die benachbarte Kirche mit ihrer ungewöhnlichen Rundbogenfront aufgefallen. Auf Nachfragen erfuhr ich, dass sie von Dominikus Böhm entworfen wurde, über den ich im Rahmen meiner Recherche für meinen Ulm- und Neu-Ulm-Reiseführer schon viel gelesen hatte und der definitiv zu den spannendsten Kirchenarchitekten des 20. Jahrhunderts zählt.
Das Gebäude entstand binnen nur anderthalb Jahren im Stil des Expressionismus und hat so gar nichts gemein mit den vielen barocken und gotischen Kirchen, die man sonst so aus Polen kennt. Im Innern finden sich vierzig Fenster, die symbolisch für die 40-tägige Wanderung der Israeliten durch die Wüste stehen. Mit ihrer ungewöhnlichen Formsprache gehört St. Josef (poln. Kościół św. Józefa) definitiv zu den spannendsten Kirchen Schlesiens und zu einer der bedeutendsten Zabrze Sehenswürdigkeiten.
Königin-Luise-Stollen
Der Spaziergang durch das Bergwerk Guido war ganz schön anstrengend. Gut, dass es da noch den Königin-Luise-Stollen (Sztolnia Królowa Luiza, früher Hauptschlüssel-Erbstollen) gibt. Hier befindet sich ein Entwässerungskanal, der das Wasser aus den neu angelegten Bergwerken in einen Kanal ableitete, der dann in die Oder führte. Schon um 1800 entstand die Anlage und damals dachte natürlich niemand daran, hier eine Touristenattraktion der besonderen Art entstehen zu lassen. Und das ist genau das, was den Reiz des Stollens ausmacht.
Hier könnt ihr nämlich auf kleinen Booten durch den Stollen fahren, teilweise bei völliger Dunkelheit. An manchen Stellen werden dabei auf effektvolle Weise und durch geschickten Lichteinsatz schlesische Legenden an die Wand projiziert. Dann geht es zu Fuß auf Metallbrücken durch den Untergrund – ein einmaliges Erlebnis, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird!
Militärtechnikmuseum
Direkt neben dem Königin-Luise-Stollen, der auch über einen kleinen Erholungspark mit Strand, Spielplatz und Grillhütten verfügt, befindet sich das Militärtechnikmuseum (Muzeum Techniki Wojskowej). Gezeigt wird schweres Gerät aus dem Zweiten Weltkrieg, vor allem aber aus der Zeit der Volksrepublik Polen, also als Polen noch ein sozialistischer Staat war. Das Spannende dabei ist, dass man sich viel Mühe gibt, die alten Gerätschaften zum Laufen zu bringen und wieder fahrtüchtig zu machen, sodass ihr hier mal einen Panzer „in Action“ aus nächster Nähe fahren sehen könnt.
Park Miliona Świateł
Hinter dem schönen Namen „Park der Millionen Lichter“ verbirgt sich eine einzigartige Attraktion, die ihr zwischen November und Februar in den Abendstunden besuchen könnt. Unzählige LED-Leuchten wurden hier zu einzigartigen Kunstwerken zusammengefasst, die nicht nur für Kinder eine echte Augenweide sind. Überall glitzert und funkelt es, neben einer Parklandschaft wurde auch ein See in das Konzept mit einbezogen.
Ob ihr durch die „Allee der Verliebten“ spaziert, auf dem kleinen Weihnachtsmarkt einen Glühwein trinkt, auf einem Reifen über eine Rampe hinabsaust oder einfach nur das einzigartige Zusammenspiel von Lichtern und musikalischer Untermalung genießt – hier will man gar nicht mehr weg!
Stahlhaus
Auf die Idee, ein Wohnhaus komplett aus Stahl zu errichten, muss man erst einmal kommen. In den 1920er-Jahren experimentierte man viel mit neuen Bauformen und was lag näher, als es nicht mal mit dem in der Donnersmarck-Hütte produzierten Stahl zu probieren? Man probierte es noch an vier weiteren Orten in der Stadt, durchgesetzt hat sich die Idee aber wohl nie.
Zwar konnte man so ein ganzes Haus in nur wenigen Tagen bauen, aber gemütlich sieht es wirklich nicht aus, zumal da auch die Böden und Decken komplett aus Stahl gefertigt wurden und hier häufig Blitze einschlugen. Daran hatten die Architekten zumindest gedacht, das Haus funktioniert wie ein Faradayscher Käfig, sodass hier nichts passieren kann, auch wenn Bewohner davon berichten, dass ihnen oft die Haare zu Berge stehen, wenn es doch mal blitzt. Wohnen würde ich hier nicht wollen, aber ein tolles Fotomotiv gibt das Haus in der Ulica Cmentarna allemal ab!
Jüdischer Friedhof
Nur einen Steinwurf entfernt vom Stahlhaus liegt der alte Jüdische Friedhof der Stadt. Er wurde im 19. Jahrhundert angelegt und ist leider in keinem besonders guten Zustand. Das macht aber auch den besonderen Reiz dieses Ortes aus, der sehr verwunschen wirkt und von der reichen jüdischen Geschichte von Zabrze zeugt. Mal sind die Gräber prächtig, mal sehr einfach und sowohl deutsche als auch hebräische Inschriften zieren die Grabsteine. Außerdem befindet sich hier ein Massengrab für Juden, die im Lager Zabrze ermordet wurden, einem Außenlager von Auschwitz-Birkenau. Bleibt zu hoffen, dass bald das Geld aufgetrieben werden kann, um diesen bedeutenden Erinnerungsort zu restaurieren.
Zandka-Kolonie
Vom deutschen Wort „Sand“ leitet sich der Name dieser Arbeitersiedlung unweit des Jüdischen Friedhofs ab. Die Anlage wurde für die Arbeiter in der Donnersmarck-Hütte errichtet und umfasst mehrere Straßenzüge, wobei die Häuser in der Ulica Krakusa zu den schönsten zählen. Die Häuser entstanden in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, denkt man sich aber die Autos und Satellitenschüsseln weg, hat sich seitdem nichts verändert und ihr könnt hier eine kleine Zeitreise in die Hochphase der Industrialisierung erleben. Zwar haben viele der Backsteingebäude schon bessere Zeiten gesehen, aber gerade das macht den Charme der von Platanen gesäumten Straßenzüge aus.
Admiralspalast
Dass in den 1920er-Jahren viele architektonisch spannende Gebäude entstanden, die für einen Aufbruch in ein neues Zeitalter standen, davon zeugt nicht nur das Stahlhaus. Der Admiralspalast am Bahnhof ist ein weiteres Beispiel für die kreative Energie jener Jahre und wurde von Richard Bielenberg und Josef Moser entworfen. Beim Bau des als Hotel geplanten Hauses erfolgte dann eine Überraschung, denn man hatte versucht, es genau über einem Stollen zu errichten, weshalb eine zusätzliche Eisenbetonplatte eingezogen werden musste, um einen Einsturz zu verhindern. Und so steht der Admiralspalast noch heute und auch wenn sich schon eine gewisse Patina über das Hotel gelegt hat, fasziniert der Bau noch immer mit seinen abgerundeten Ecken und seiner expressionistischen Formsprache.
Landratsamt
Bevor Hindenburg die Stadtrechte erhielt, wurden mehrere Dörfer vom Gebäude des 1875 errichteten Landratsamts aus verwaltet, dass sich in der damaligen Dorotheenstraße (heute: Ulica 3 Maja) befand. Das wunderschöne Gebäude wurde erst kürzlich restauriert und wird heute vom Kohlebergbaumuseum (Muzeum Górnictwa Węglowego) genutzt. Leider hat es auch eine dunkle Vergangenheit, denn in kommunistischen Zeiten wurde es vom UB – dem polnischen Stasi-Pendant – genutzt, das hier im Keller auch ein Gefängnis unterhielt. Davon ist zum Glück nichts geblieben, heute werden hier spektakuläre Wechselausstellungen gezeigt, für die die historischen Räumlichkeiten modern hergerichtet wurden. Auch die wundervolle Treppe und den Saal mit den Buntglasfenstern im ersten Stock solltet ihr nicht verpassen!
Wasserturm
Früher fanden sich in der Stadt unzählige Wassertürme. Ein besonders schönes Exemplar birgt heute eine spannende Ausstellung, ein Café und eine Aussichtsplattform. Das 1909 errichtete Gebäude verfügt seit 2022 über einen modernen Anbau und es gibt keinen Ort in der Stadt, von dem aus ihr Zabrze und das Umland so gut im Blick habt wie von hier. Die Ausstellung widmet sich ganz dem Thema Kohle, wobei vor allem dessen physikalische und chemische Eigenschaften beleuchtet werden. Aus über 40 Metern seht ihr dann, wie überraschend grün Zabrze ist und bei guter Sicht könnt ihr bis auf die Beskiden blicken. Im Café könnt ihr den Besuch der neusten der Zabrze Sehenswürdigkeiten dann bei leckeren Kuchen und Torten abrunden!
Zabrze Restaurants
Ihr habt nach dem Besuch der vielen Zabrze Sehenswürdigkeiten Hunger bekommen? Kein Problem, hier sind einige Zabrze Restaurant Tipps für euch, denn auch kulinarisch hat die Stadt einiges zu bieten! Und wenn ihr noch nicht genau wisst, was ihr essen sollt, dann lest euch doch mal unseren Artikel zu den leckersten polnischen Gerichten durch!
- Szyb Maciej, ul. Srebrna 6. In den Überbau des alten Steinkohleschachts „Concordia“ ist ein schickes Restaurant mit Bistro eingezogen, in dem ihr leckere Klassiker der schlesischen Küche probieren könnt. Das mehrfach ausgezeichnete Lokal hat sogar eine eigene Wasserquelle von allerhöchster Qualität, außerdem könnt ihr im Rahmen einer Führung auf den alten Förderturm und den Blick über die Stadt genießen.
- U Kelnerów, plac Warszawski 5. „Bei den Kellnern“ lautet der Name dieses Restaurants, da sich hier die Absolventen einer Kellner- und Kochschule zusammengetan haben, um ein Lokal zu eröffnen. In modernem Ambiente und bei sehr freundlichem Service bekommt ihr hier leckere Pizzen, Pasta und polnische Gerichte mit modernem Twist, wobei schon die Präsentation der Speisen ein echtes Highlight ist.
- Valdi Classic, ul. Jerzego Wyciska 1. In einem wunderschönen Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert werden in gediegenem Ambiente polnische Klassiker auf allerhöchstem Niveau serviert. Sogar übernachten könnt ihr in der Villa, es werden einige Zimmer vermietet.
Wie hat euch mein Artikel zu den schönsten Zabrze Sehenswürdigkeiten gefallen? Lasst gerne einen Kommentar da!
#visitpoland #polentravel
Sehr interessant, vielen Dank!
Ich wäre noch interessiert an Adressen von Clubs oder Kneipen in denen (Rock/Folk/Jazz)konzerte stattfinden. Vielleicht gibt es da noch ein paar Tipps.?!