Der Brutalismus steht als Architekturstil für rohe, unverblümte Ästhetik. Auch deshalb fand er in Osteuropa und auf dem Balkan während des 20. Jahrhunderts eine besonders fruchtbare Grundlage. Der Brutalismus charakterisiert sich durch seine massive, monolithische Form und den häufigen Gebrauch von Sichtbeton. Dadurch spiegelte er auch eine Zeit des mitunter brutalen sozialen, politischen und kulturellen Wandels wider.
In Osteuropa fand der Brutalismus vor allem Verbreitung, weil die kommunistischen Regime darin eine Möglichkeit sahen, ihre ideologischen Werte von Gemeinschaft, Gleichheit und Funktionalität zu manifestieren. Die Bauwerke sollten nicht nur praktisch sein, sondern auch die Macht und Dauerhaftigkeit des Staates symbolisieren.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Brutalismus in Osteuropa und auf dem Balkan und seinem Pendant im Westen liegt deshalb auch in der politischen Symbolik. Während der Brutalismus im Westen oft als Ausdruck künstlerischer Freiheit und Experimentierfreudigkeit gesehen wurde, diente er in Osteuropa und auf dem Balkan als ein Instrument der staatlichen Propaganda. Die Gebäude waren oft monumentaler und ausdrucksstärker, entworfen, um Ehrfurcht und Respekt vor der staatlichen Macht zu erwecken.
Die Beschäftigung mit dem Brutalismus in dieser Region ist aus mehreren Gründen faszinierend. Erstens bietet er Einblicke in die sozialen und politischen Bedingungen der Zeit, in der diese Gebäude entstanden sind. Zweitens zeigt er die kreative Anpassung eines architektonischen Stils an unterschiedliche kulturelle und politische Kontexte. Drittens sind viele dieser Bauwerke heute bedroht, da sie oft mit einer schwierigen historischen Periode assoziiert werden und ihre Erhaltung kontrovers diskutiert wird. Die Auseinandersetzung mit dem Brutalismus in Osteuropa und auf dem Balkan ist somit nicht nur eine Betrachtung von Architektur, sondern auch ein Eintauchen in die jüngere Geschichte und Kultur einer komplexen und vielschichtigen Region.