Sachalin – Russlands größte Insel

Heute nehmen wir euch mit nach Osten, besser gesagt in den äußersten Osten Russlands, auf die Insel Sachalin. Kommt mit und entdeckt diese einzigartige Insel!

Inhaltsverzeichnis

Viele von euch werden vermutlich noch nie von Russlands größter Insel Sachalin gehört haben. Dabei ist sie nicht nur hinsichtlich ihrer Natur, sondern auch in Bezug auf ihre Geschichte ein spannender Ort, der zudem sehr wichtig für die Gas- und Ölversorgung Russlands ist. Noch immer streiten sich Japan und Russland darüber, wem die Insel gehört. Ihr seht, es gibt genügend Gründe, sich die Insel Sachalin mal genauer anzuschauen.

Typische Landschaft auf Sachalin. Einige Berge erreichen beachtliche Höhen, darunter der über 1600 m hohe Lopatin, die höchste Erhebung der Insel

Das ist Sachalin

Sachalin ist eine Insel im südlichen Ochotskischen Meer, einem Randmeer des Pazifik. Es liegt nördlich von Japan und östlich des russischen Festlands und an einer Stelle nur 10 km von der sibirischen Ostküste entfernt. Die Entfernung zum japanischen Hokkaido beträgt im Süden nur rund 45 km. Mit einer Fläche von 72.000 km² ist Sachalin die größte russische Insel und etwa so groß wie Bayern oder Irland. Mit seinen Gas- und Erdölvorkommen ist das Eiland von überragender strategischer Bedeutung für Russland. Die Vorkommen werden über eine Pipeline auf das Festland befördert. Zwar ist Sachalin vielerorts noch recht unberührt, aber die Ausbeutung der Ressourcen hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Touristisch fristet die Insel bislang ein Schattendasein, aber durch neue Infrastrukturprojekte könnte sich das bald ändern.

Die Geschichte von Sachalin

Sachalin ist schon seit der Steinzeit besiedelt. Ursprünglich lebten hier die Oroken, Ainu und Niwchen, die alle auch auf der Insel Hokkaido lebten und leben. Im Mittelalter wurde Sachalin von den Mongolen unterworfen, später wurde die Insel vom chinesischen Kaiserreich kontrolliert. Im Zug der Ostexpansion Russlands in der Vormoderne erreichten bald auch russische Forscher die Insel, aber auch Japan begann sich für das Eiland zu interessieren. Russische Soldaten bzw. Kosakenexpeditionen stießen quasi automatisch auf die Insel, da sie genau gegenüber der Mündung des Amur ins Meer liegt.

Lange im Dornröschenschlaf

Trotz seiner Größe blieb Sachalin lange eher von untergeordnetem Interesse, lediglich ein paar japanische Fischer ließen sich hier in den Sommermonaten an der Südküste nieder, um anschließend auf Hokkaido zu überwintern. Formell behielt allerdings China die Oberhoheit über die Insel. Als im 19. Jh. Russland und Japan in der Region immer mehr aus dem Schatten des schwächelnden China traten, zeichnete sich ein Konflikt zwischen den beiden Großmächten ab. Japan besetzte die Insel 1806, gab sie aber schon 15 Jahre später wieder auf. Sachalin schien wieder in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, ehe man am Amur auf große Goldvorkommen stieß und Russland in den 1850er Jahren mehrere Siedlungen auf der Insel errichtete.

Angehörige des Volks der Ainu, Aufnahme von 1905

Gemeinsame Verwaltung und Abtretung

China war mittlerweile durch das Auftreten der Europäer und die japanische Expedition so geschwächt, dass Russland zum Schlag ansetzte und die Insel sowie Teile der Mandschurei vollständig unter seiner Kontrolle bringen konnte. Ein Abkommen mit Japan sorgte dann dafür, dass Sachalin von beiden Mächten verwaltet wurde. 1875 kam es dann zu einer Vereinbarung, die Russland im Tausch gegen die Inselgruppe der Kurilen östlich von Sachalin die Kontrolle über die Insel brachte. Bereits auf Sachalin lebende Japaner durften aber weiterhin hier wohnen bleiben und erhielte sogar ein eigenes Konsulat. In der Folge unterhielt Russland hier eine Strafkolonie, ehe die Insel im Russisch-Japanischen-Krieg (1904–1905) von Japan eingenommen wurde.

Japanischer Schrein in Karafuto, der heutigen Hauptstadt Juschno-Sachalinsk

Japanische Kontrolle

Russland verlor den Krieg, was unter anderem zur Revolution von 1905 führte. In einem Friedensvertrag wurde Japan der Süden von Sachalin zugesprochen. Im Chaos des Russischen Bürgerkriegs, der auf die Oktoberrevolution folgte, nahmen japanische Truppen die komplette Insel ein und sollte das Gebiet bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kontrollieren. Wenige Tage vor Kriegsende erklärte die Sowjetunion Japan den Krieg und nahm unter hohen Verlusten die komplette Insel ein, die sich seitdem unter sowjetische beziehungsweise russischer Kontrolle befindet. Die japanische Bevölkerung wurde im Zuge der Einnahme durch die Sowjetunion zwangsweise umgesiedelt.

Sachalin – Streitobjekt zwischen Japan und Russland

Erst 1951 wurde zu ein Vertrag zwischen der Sowjetunion und Japan ausgehandelt, der Sachalin und die Kurilen behandelte. Dieser war allerdings unklar formuliert und wurde von der Sowjetunion nicht unterzeichnet. Diese sah – genau wie Japan – die Insel als ihr Staatsgebiet an und schoss 1983 sogar ein koreanisches Flugzeug im Luftraum von Sachalin ab, fast 300 Menschen kamen dabei zu Tode. Bis 1991 wurde Sachalin wie eine Festung behandelt, Zivilisten blieb das Betreten der Insel streng verboten.

Seit dem Untergang der Sowjetunion hat sich die Situation etwas entspannt, man treibt Handel und ist bemüht, einen möglichen Konflikt um die Insel nicht hochkochen zu lassen, allerdings hat Japan seine Ansprüche zumindest auf den Südteil der Insel mit Verweis auf das nicht unterzeichnete Abkommen nie aufgegeben. Unter anderem wegen des Konflikts um Sachalin und die südlichen Kurilen gibt es auch heute noch immer keinen Friedensvertrag zwischen Russland und Japan. China, die EU und die USA tendieren derzeit dazu, die japanischen Ansprüche auf die Insel zu unterstützen.

Juschno Sachalinsk Aerial View
Blick auf Juschno-Sachalinsk, die Hauptstadt der Insel

Sehenswürdigkeiten auf Sachalin

Sachalin ist nicht nur ein Streitobjekt zwischen Japan und Russland, sondern auch eine wunderschöne Insel mit vielen Sehenswürdigkeiten. Die wichtigsten wollen wir euch hier einmal vorstellen.

Sachalin Regionalmuseum Juschno Sachalinsk
Anhand des Regionalmuseums von Juschno-Sachalinsk kann man deutlich den japanischen Einfluss auf der Insel nachvollziehen

Juschno-Sachalinsk

Mit 180.000 Einwohner ist Juschno-Sachalinsk die mit großen Abstand größte Siedlung auf der Insel. Ein 1882 gegründetes russisches Dorf mit dem Namen Wladimirowka wurde von den Japanern unter dem Namen Toyohara zum Verwaltungssitz der Präfektur Karafuto ausgebaut. Aus der japanischen Zeit ist heute nur noch das Regionalmuseum erhalten, in dem früher die japanische Verwaltung ihren Sitz hatte. Wenn ihr Sachalin besucht, werdet ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit hier im Süden der Insel unterkommen. Neben dem Regionalmuseum gibt es noch einige weitere Sehenswürdigkeiten in der Stadt, darunter einen großen Zoo, den Juri-Gagarin-Park und ein Eisenbahnmuseum, in dem auch mehrere japanische Züge zu sehen sind.

Von Juschno-Sachalinsk gelangt ihr mit der Seilbahn ins Skiresort Gornij Wozduch („Bergluft“). Die moderne Anlage bietet euch alle Annehmlichkeiten, außerdem finden hier immer wieder landesweite Wettkämpfe statt.

Gedenkstätte Neftegorsk

1995 ereignete sich auf der Insel ein Erdbeben der Stärke 7,1. Die Stadt Neftegorsk, die von etwa 3500 Erdölarbeitern und deren Familien bewohnt wurde, wurde dabei dem Erdboden gleichgemacht, knapp zwei Drittel der Bewohner kamen ums Leben. Man beschloss, die Kleinstadt nicht wieder aufzubauen und siedelte die Überlebenden um. Heute kann man durch die zerstörte Geisterstadt gehen und sich den Friedhof mit den Gräbern der Opfer anschauen. Hier befindet sich auch eine kleine Gedenkstätte. In Juschno-Sachalinsk erinnert ein beeindruckendes Denkmal an das tragische Ereignis.

Tunajtscha-See

45 Kilometer südöstlich liegt dieser beliebte See, der größte auf der Insel. Er ist eine beliebte Brutstätte für seltene Vögel, weshalb er unter Naturschutz steht. Besonders bei Vogelbeobachtern ist der See beliebt, allerdings ist es nicht ganz einfach hierher zu kommen.

Wajda-Berge

Etwa in der Mitte der Insel, also dort, wo früher die japanisch-russische Grenze verlief, erstreckt sich das Wajda-Massiv. Dieser einst stark bewaldete Teil der Insel hat durch die Holzfällerindustrie leider viele Bäume verloren, aber dennoch seinen Reiz. Das liegt vor allem an den vielen Höhlen, die ihr hier erkunden könnt, wenn ich euch traut. Dafür solltet ihr euch aber in Juschno-Sachalinsk einen erfahrenen Guide suchen, denn das Ganze ist nicht ganz ungefährlich. Wenn ihr einfach nur durch die Berglandschaft mit ihren Seen wandern wollt, könnt ihr auch mit dem Zug von Juschno-Sachalinsk bis nach Smirnitsch fahren. Fragt dort am besten einen Einheimischen, ob er euch nach Izwestkowij fährt, von wo aus ihr eure Wanderung starten könnt.

Schdanko Sachalin
Quelle: Ляховец Сергей, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Schdanko-Massiv

Das vielleicht beliebteste Touristenziel auf der Insel ist das Schdanko-Massiv nördlich des Dorfes Tichaja. Der 13 km lange Bergkamm besteht aus vulkanischem Gestein und bietet spektakuläre Blicke auf die Insel und dessen sandige Küstenstreifen. Der Kontrast aus Vulkangestein und dem satten Grün der Bäume bietet wundervolle Fotomotive. Am besten ist es auch hier, wenn ihr euch in Juschno-Sachalinsk nach einem Guide umseht. Diesen könnt ihr dann anheuern und in einer dreitägigen Tour inklusive Camping das Massiv erkunden.

Aniwa Leuchtturm Sachalin
Quelle: Yaroslav Shuraev, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Leuchtturm Aniwa

Im Süden der Insel befindet sich die langgezogene Aniwa-Bucht mit der gleichnamigen Kleinstadt. Aniwa lebt vor allem vom Fischfang, ist aber für seinen Leuchtturm auf der ganzen Insel bekannt. Der Leuchtturm Aniwa auf einem kleinen, Sachalin vorgelagerten Felsen wurde 1939 von den Japanern errichtet und war damals einer der modernsten des Kaiserreichs. In den 1990er-Jahren stattete man ihn mit einem Minireaktor aus, der allerdings mittlerweile seinen Geist aufgegeben hat. Und so steht der Leuchtturm seit mehreren Jahren leer und ist zu einem der beliebtesten Touristenziele und einem der Wahrzeichen der Insel geworden, obwohl er als einer der am schwersten zugänglichen Leuchttürme der Welt gilt.

Moneron Sachalin
Quelle: Ванифатов Павел, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Moneron

Moneron ist eine 30km² große Insel westlich von Sachalin. Mit seinen Klippen und über 150 Seevogelarten ist Moneron ein Naturparadies, das von der Regierung 2007 unter Naturschutz gestellt wurde. Leider benötigt ihr für das Betreten von Moneron eine Sondergenehmigung. Das liegt aber nicht an den Naturschutzauflagen, sondern weil es sich um einen für Russland strategisch sensiblen Bereich handelt.

Tjuleni Sachalin
Tjuleni: ein Paradies für Robben (Quelle: Wldland, Wikimedia Commons, CC BY 3.0)

Tjuleni

Auf Moneron halten sich zahlreiche Seelöwen auf. Das gilt noch mehr für Tjuleni, das im Deutschen oft auch einfach Robbeninsel genannt wird. Tjuleni befindet sich südlich einer kleinen Landzunge an der Ostseite von Sachalin. Bei Felljägern war Tjuleni lange beliebt, einst wurde hier sogar ein Hotel unterhalten. Mittlerweile hat das Interesse an Robbenfell glücklicherweise nachgelassen. Auch für Tjulenij ist eine Sondergenehmigung nötig, allerdings machen hier manchmal auch russische Kreuzfahrtschiffe Halt.

Ein Japanisches Eichhörnchen. Wissenschaftler nehmen an, dass die in Japan weit verbreitete Art ursprünglich von Sachalin stammt, allerdings finden sich auf Hokkaido keine Exemplare dieser Art.

Wie kommt man nach Sachalin?

Zukünftig soll ein Tunnel Sachalin mit Hokkaido verbinden. Bis dahin verkehrt zweimal pro Woche eine Fähre zwischen Hokkaido und Sachalin. Japaner können die Insel ohne Visum besuchen, alle anderen benötigen eine solche Bescheinigung. In unseren Russland-Reisetipps zeigen wir euch, was ihr dabei beachten müsst. Wenn ihr von Russland aus einreist, könnt ihr bequem den Flieger nehmen. Der Flughafen Juschno-Sachalinsk (UUS) ist gut an das russische Flugnetz angebunden, Direktflüge nach Moskau, Nowosibirsk oder Wladiwostok werden fast täglich angeboten. Ganz Sachalin ist als Sondergrenzzone ausgewiesen, bei der Anreise müsst ihr also mit erhöhten Kontrollen rechnen.

Buchtipps

Die Insel Sachalin*
  • Anton Cechov(Autor)

Der berühmte russisches Schriftsteller Anton Tschechow unternahm Ende des 19. Jahrhunderts eine Reise nach Sachalin und erhielt dort einen umfassenden Einblick in das Straflagersystem. In einem Reisebericht verarbeitete der Literat seine Eindrücke, es entstand ein bedrückendes Bild des russischen Lagersystems.

Dieses Buch widmet sich Tschechows Sachalin-Reise und folgt den Spuren des russischen Schriftstellers auf der Insel.

Mit diesem Reiseführer aus dem Trescher-Verlag könnt ihr Sibirien und den facettenreichen Osten des Landes erkunden. Auf über 500 Seiten präsentiert sich das Buch als sicherer Begleiter in einer Region, in der man ohne einen guten Reiseführer aufgeschmissen wäre.

Der Kulturschock Russland erklärt, was es mit der russischen Seele wirklich auf sich hat, beleuchtet die Geschichte und Kultur des Landes und gibt euch wertvolle Verhaltenstipps für eure Russland-Reise. Er ist also kein Buch, dass euch die Russland Reisetipps gibt, dafür könnt ihr ihn aber auch zu Hause gut nutzen und euch so auf den Russland Urlaub einstimmen.

*  – dieser Link ist ein Partnerlink. Wenn Ihr hierüber etwas kauft oder bestellt, bekommen wir eine kleine Provision. Euch kostet das keinen Cent extra und wir können weiter neue Beiträge für euch schreiben. Danke für eure Unterstützung!

Markus Bingel hat lange in Polen, der Ukraine und Russland studiert und gearbeitet. Als Reisebuchautor zieht es ihn mehrmals im Jahr in die Länder des „Wild East“ – und noch immer ist er jedes Mal fasziniert von dieser Region. Als Co-Gründer des Blogs möchte er euch gerne die unbekannten, spannenden und immer wieder überraschenden Seiten Osteuropas vorstellen.

Andere interessante Artikel

Hat sich etwas an den Informationen geändert? Habt ihr Hinweise oder Fragen? Wir freuen uns auf euren Kommentar!

Diesen Beitrag Teilen
0 0 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments

Für Echte Fans

Unser wöchentlicher Newsletter für echte Osteuropafans