Von Warschau, Krakau, Breslau oder Danzig haben die meisten Menschen schon mal etwas gehört. Doch wie verhält es sich mit Toruń? Das auf Deutsch auch Thorn genannte ehemalige Hansestädtchen ist bisher noch eher ein Geheimtipp. Dabei hat die Stadt nicht nur eine lange Geschichte, sondern es gibt gleich Dutzende Toruń Sehenswürdigkeiten. Grund genug sich die Stadt einmal näher anzuschauen.
Geschichte der Stadt Toruń
Bereits seit dem 13. Jahrhundert besteht die Stadt Toruń. Gegründet wurde sie von Mitgliedern des Deutschen Ordens an der Weichsel. 1234 erhielt die Stadt das Stadtrecht – als erste Stadt in Preußen. Deutsche Siedler kamen zunächst vor allem aus Westfalen und bauten die Stadt auf. Die Stadt wurde jedoch bereits 1236 mehr als sieben Kilometer verlegt und dann endgültig an ihrer heutigen Stelle errichtet.
Im 14. Jahrhundert wurde Thorn eine Hansestadt – auch Königsberg, Danzig und Elbing waren Teil der Hanse. Später wurde die Stadt Schauplatz von Auseinandersetzung zwischen Preußen und dem Deutschen Orden. Nach der Teilung Polens durch Russland, Preußen und Österreich kam die Stadt an Preußen und wurde ein bedeutende Stadt in der Nähe der Grenze zum Zarenreich. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Toruń Teil des unabhängigen Polen und nach kurzer deutscher Besatzung von 1939 bis 1945 dann endgültig wieder polnisch.
Sehenswürdigkeiten in Toruń
Mit ihren Backsteinbauten erinnert die Stadt an andere Hansestädte in Deutschland und wirkt ähnlich charmant wie zum Beispiel Wismar, Stralsund oder Danzig. Von der Bedeutung des Handels für die Stadt zeugen unter anderem die Speicherhäuser, in denen früher die Güter gelagert wurden.
Altstadt mit Stadtmauer
Seit 1997 zählt die Altstadt von Toruń zum UNESCO-Welterbe. Die Altstadt ist sehr kompakt und ihr könnt sie ganz einfach zu Fuß erkunden. Überall liegt Kopfsteinpflaster und viele der 200 historischen gotischen Bauten beherbergen Museen, Cafés oder Restaurants und können erkundet werden. Die ganze Altstadt wird dabei umgeben von der mittelalterlichen Stadtmauer, die bis heute erhalten geblieben ist. Heute könnt ihr zum Teil auf ihr um die Stadt spazieren. Es gibt eine ganze Reihe von Türmen und Gebäuden, die in die Stadtmauer integriert sind.
Rathaus
Es ist das zentrale Gebäude der Stadt und ein richtiger Blickfänger: Das Rathaus am Altstadtmarkt gehört zu den schönsten seiner Art in ganz Polen. Seit Jahrhunderten dient es dem Stadtrat und dem Bürgermeister als Sitz. Kaum zu glauben, dass das Toruńer Rathaus bereits seit dem 14. Jahrhundert hier steht. 1501 soll hier der polnische König Johann I. Albrecht an einem Herztod gestorben sein.
Angeblich hatte er eine Schwäche für die Frauen von Toruń. Und auch das Rathaus selbst, hatte schwer zu kämpfen. Bei den Schwedenkriegen wurde es arg verwüstet und brannte aus. Spuren des Feuers sind bis heute an manchem Backstein zu sehen. Der Turm des Rathauses bietet dann auch die schönste Aussicht der Stadt. Es lohnt die 175 Stufen nach oben zu steigen.
Artushof
Auch am Altstädtischen Markt findet sich der Artushof. Das Gebäude ist zwar erst aus dem 19. Jahrhundert, fügt sich aber durch sein neogotisches Erscheinungsbild perfekt in die Altstadt ein. Das Gebäude war von der St.-Georgs-Bruderschaft errichtet worden, eine Vereinigung reicher Bürger der Stadt. In der Kaufmannsgilde wollte man sich versammeln, wie die Ritter der Tafelrund von König Artus – daher auch der Name. Heute sitzen in dem Bau das Kammerorchester der Stadt und ein Kulturzentrum.
Dom St. Johannes
Als größte Kirche der Stadt spielte der Dom schon immer eine gewichtige Rolle im Leben der Bürger von Thorn. Seit dem 14. Jahrhunderts wurden hier die Kinder der wichtigsten Bürger getauft. Auch das Taufbecken von Nikolaus Kopernikus steht hier und man könnte sagen, dass der besagte polnische König Johann I. Albrecht sein Herz an Toruń verloren hat, denn in der Tat liegt selbiges im Dom begraben.
Sein Herz erbebt jedoch ganz sicher bis heute, wenn an seltenen Tagen im Jahr die Glocke Tube Dei (Trompete Gottes) ertönt. Sie ist eine der gewaltigsten Glocken der Region und eine echtes Meisterwerk der Glockengießerkunst. Auch vom Turm des Domes habt ihr eine tolle Aussicht!
Jakobskirche
Noch schöner als der Dom ist eigentlich die Jakobskirche. Ursprünglich war sie die Pfarrkirche für die Bewohner der Neustadt. Als spätgotische Hallenkirche zählt sie zu den ungewöhnlichsten Kirchen der Region. Die Kirche ist freitragend und wird über Strebebögen gestützt, wie es sie zum Beispiel auch am Kölner Dom gibt. Sie ist dem heiligen Jakob gewidmet und ist eine Station auf dem Pilgerweg vom Baltikum bis nach Santiago de Compostella. Der Doppelturm ist eine der sichtbarsten Torun Sehenswürdigkeiten.
Marienkirche
Auch die Marienkirche gehört zu den markanten Torun Sehenswürdigkeiten und ist besonders vom Turm des Rathauses gut zu sehen. Amders als Dom oder Jakobskirche verfügt die Marienkirche jedoch nicht über einen Turm. Die Hallenkirche war zudem mehr als ein Jahrhundert lang Zentrum des Protestantismus in Polen.
Schiefer Turm von Toruń
Und was wäre eine mittelalterliche Stadt auch ohne einen schiefen Turm? Thorn kann da problemlos mithalten, denn der Schiefe Turm von Toruń neigt nicht erst nach dem achten Glas Wodka ziemlich zur Seite. Er neigt sich mehr als 5 Grad und immerhin 1,46 Meter vom Lot, was deutlich erkennbar ist. Der Grund für die Schieflage ist dabei ganz simpel: Der Untergrund bricht immer weiter weg und könnte sich auch noch weiter bewegen.
Ruine Burg Thorn
Einst war Thorn ein bedeutender Sitz des Deutschritterordens, der die Geschicke Ostpreußens beherrschte. Bereits im 13. Jahrhundert wurde die Burg Thorn daher gebaut, um diesen Einfluss auch auf Thorn zu verfestigen. Da die Burg direkt an der Grenze des Königreichs Polens zu den Ländereien des Deutschritterordens lag, war die Burg dementsprechend stark befestigt.
Die Nachbarschaft der Burg zur Stadt war allerdings auch nicht gerade konfliktfrei, so dass 1545 die Thorner Bürger die Burg eroberten und gar zerstörten. In den Jahrhunderten danach galt die Ruine als eine Art Müllhalde der Stadt. Erst in den 1960er Jahren wurden die Burgmauern überhaupt wieder freigelegt. Ziemlich lustig ist der Fakt, dass der besterhaltene Turm der ehemalige Latrinenturm ist.
Festung Thorn
Eines der massivsten Festungsbauwerke der Region steht bis heute in der Stadt. Die Festung Toruń wurde von den Preußen zwischen 1872 und 1894 errichtet. Allerdings kam sie nie richtig zu Nutzen, so dass ihre enormen Baukosten von 60 Millionen Goldmark als reine Verschwendung gesehen werden können. Während der Bauzeit entstanden hier etwa 200 große Festungsbauwerke, darunter sieben Hauptforts, sechs Mittelforts, sechs Artilleriebatterien, 32 Infanteriebunker sowie 52 Artillerie- und Munitionsbunker um die Stadt herum.
Immerhin könnt ihr die Festung Thorn aber als Touristen bis heute erkunden. Deshalb baute die Stadt Thorn den ehemaligen „Bunker B66“ der früheren Culmer Tor-Kaserne zu einem Museum für die Festung Thorn um, in der ihr mehr über die Bauten der Festung und ihre Geschichte erfahren könnt.
Kopernikus in Torun
Kopernikus ist bis heute der berühmteste Sohn der Stadt. Kein Wunder also, dass ihm in der Stadt nicht nur ein Denkmal auf dem Markt gewidmet wurde. Es gibt zahlreiche Museen und in seinem Geburtshaus (ul. Kopernika 17), in dem er 1473 zur Welt kam, könnt ihr mehr über den Astronomen und Forscher erfahren.
Kopernikus ist vor allem für seine Theorie eines heliozentrischen Weltbildes bekannt, also die Theorie, das die Erde um die Sonne kreist. Nach einem Studium in Krakau begab er sich nach Formbork und war dort tätig, bevor er nach Bologna in Italien zog. Er reiste vielfach zwischen Polen und Italien und war ein echter Globetrotter seiner Zeit, vergaß aber nie seine Heimatstadt. Die Thorner sind ihm bis heute dankbar und ehren ihn an allen Ecken und Enden der Stadt.
Lebkuchen in Toruń
Wenn jemand eine Stadt aus Lebkuchen bauen wollen würde, dann wäre Toruń wohl das beste Modell dafür. Denn tatsächlich gibt es hier so viele Lebkuchenbackstuben wie sonst nirgendwo in Polen oder möglicherweise in der Welt. Bereits seit der Zeit der Kreuzzüge wird das zimthaltige Brot hier gebacken und es gibt von Laden zu Laden unterschiedliche Rezepte. Wenn ihr Toruń besucht, gibt es deshalb keinen Weg drumrum, auch den berühmten Lebkuchen zu probieren.
Der bekannteste Laden ist Kopernik Toruń (ul. Żeglarska 24). Doch es gibt auch viele weitere Läden, in denen ihr überall Pfefferkuchen probieren könnt. Mehr über die Geschichte des Lebkuchens erfahrt ihr im Pfefferkuchen-Museum (Strumykowa 4) und einen etwas anderen Walk of Fame gibt es vor dem Artushof, wo die besten Lebkuchenbäcker geehrt werden. Und wenn ihr euch wahrlich mit Pfefferkuchen einreiben wollte, dann könnt ihr Pfefferkuchenseife beispielsweise im Dom pod Jednorożcem kaufen.
Die 5 besten Aktivitäten in Toruń
Im Lebkuchenmuseum Lebkuchen backen
Es ist auf den ersten Block verwirrend aber tatsächlich man in Toruń so überzeugt von den Lebkuchen, dass euch die Toruner mitbacken lassen am Lebkuchen. Und zwar nicht nur im eigentlichen Lebkuchenmuseum (Strumykowa 4) sondern auch im Museum der lebendigen Lebkuchen (Rabiańska 9). Hier erfahrt ihr alle Geheimnisse der Lebkuchenbäcker von Toruń.
Im Planetarium in die Sterne gucken
Eigentlich sollte klar sein, dass ihr in der Stadt von Kopernikus natürlich auch einmal in ein Planetarium gehen solltet. Wie passend, dass euch Toruń genau das bietet. Im Planetarium Toruń sind alle Vorstellungen mehrsprachig, so dass ihr es euch auf Deutsch oder Englisch anhören könnt.
Im Bunker Wisła gedrillt werden
Wer einmal erfahren möchte, wie sich der Luftkrieg anfühlt, der kann im Bunker Wisła die volle Dröhnung bekommen. Hier werdet ihr gedrillt und geschult, wie ihr euch im Falle eines Luftangriffes schützen könnt. Achtung!
Eine Party in der DDR feiern
Die DDR ist doch nicht tot! In Toruń gibt es sie nämlich noch in Form des Clubs NRD. In dem stylischen, auf DDR und Volksrepublik Polen gemachten Interieur könnt ihr in coronafreien Zeiten einen entspannten oder erlebnisreichen Abend verbringen. Definitiv ein echter Toruń Geheimtipp!
Geschichten im Haus der Legenden erleben
Besonders mit Kindern lohnt sich ein Besuch im Haus der Legenden, in dem einige Sagen der Stadt zum Leben erweckt werden. In dieser Kombination aus Museum und Theater werden für euch die Geschichten des alten Thorn nachgespielt!
Beste Reisezeit für Toruń
Der Sommer ist herrlich in Toruń und durch die Weichsel hat die Stadt fast ein maritimes Flair. Wer es jedoch etwas kühler mag, der kann im April und Mai oder September und Oktober in die Stadt kommen. Die Monate sind in Polen allgemein gut für Städtereisen geeignet.
Anreise nach Toruń
Anreise nach Toruń mit dem Auto
Toruń liegt direkt an der A1, die eine der wichtigsten Autobahnen Polens ist und Oberschlesien mit Danzig verbindet. Zudem gibt es mit der Nationalstraße S-10 auch eine direkte Schnellstraße nach Warschau.
Anreise nach Toruń mit dem Zug
Es bestehen Zugverbindungen in alle größeren Städte Polens.
Anreise nach Toruń mit dem Flugzeug
Toruń selbst hat keinen Flughafen. Aber von der Nachbarstadt Bydgoszcz gibt es direkte Flugverbindungen in viele europäische Städte.
Wo in Toruń essen und trinken?
Pierogarnia Stary Toruń
Pierogi sind ein polnisches Nationalgericht. Die gefüllten Teigtaschen sind daher ein absolutes Muss für jeden Besuch in Toruń. Gefüllt sein können sie mit allen möglichen Zutaten – von Kartoffeln über Fleisch bis hin zu eher exotischen Dingen wie Salami oder Apfel. In der Pierogarnia Stary Toruń haben wir die besten Pierogi gefunden.
Adresse: Most Paulinski 2
Buchtipps zu Toruń und Polen
Toruń selbst ist bisher ein Geheimtipps, so dass es keine Reiseführer zur Stadt selbst gibt. Dennoch ist Toruń in anderen Reiseführern durchaus vertreten und auch zu Polen selbst gibt es einige interessante Reisebücher.
„Kopernikus ist bis heute der berühmteste Sohn der Stadt und auch einer der bekanntesten Polen.“ – wieso einer der bekanntesten Polen? Er war doch Deutscher und von deutschen Eltern geboren, an seiner deutschen Muttersprache ist auch nach dem Urteil polnischer Historiker kein Zweifel.
Lieber Marek,
diese Definition ist durchaus umstritten, auch in Polen, wie mein Kollege Markus und ich in Polen in Diskussionen erleben. Es ist richtig, dass seine Muttersprache Deutsch war aber die Debatte darüber, ob er Deutscher oder Pole ist, ist vielleicht auch gar nicht zielführend. In der damaligen Zeit spielte das auch noch nicht so eine herausragende Rolle. Da aber unsere Formulierung auch nicht korrekt ist, haben wir den Halbsatz entfernt und danken für den Hinweis!
Beste Grüße
Peter