Czernowitz Sehenswürdigkeiten – Tipps und Highlights für Klein-Wien

Czernowitz ist ein Treffpunkt der Kulturen. Dieses Erbe spiegeln viele Czernowitz Sehenswürdigkeiten, die von Juden, Ukrainern und Rumänen errichtet wurden.

Inhaltsverzeichnis

Der Zug fährt langsam in den Bahnhof von Czernowitz ein. In rund dreieinhalb Stunden sind wir von Lemberg in Richtung Südosten in das Herz der Bukowina gefahren. Am Bahnsteig bieten uns wie überall in der Ukraine Taxifahrer ihre Dienste an. Einige Babuschkas versuchen auch noch in letzter Minute „Komnati“, Fremdenzimmer loszuwerden. Es ist schon kurz vor 23 Uhr am Abend vor dem Feiertag. Doch schon bei der Buchung unserer Unterkunft wird klar: Hier ist es schwieriger als anderswo, ein Zimmer zu finden. Die Preise sind doppelt so hoch wie in Lemberg. Am nächsten Tag wird uns klar, warum. Die Bukowina-Metropole hat eine reichhaltige Geschichte und es gibt viele Czernowitz Sehenswürdigkeiten.

Universität Chernivtsi – Sitz des Metropoliten der Bukowina

Wenn nicht deutlich am Eingangsportal „Університет“ stehen würde, kaum jemand würde vermuten, dass das die Universität von Czernowitz ist. Und tatsächlich war hier früher auch der Metropolit der Bukowina und Dalmatiens untergebracht. Es sieht also alles ein wenig religiöser aus. Da ist die Kirche mit der großen byzantinischen Kuppel.

Ihr gegenüber zeigt ein Uhrenturm, der etwas an den im Moskauer Kreml erinnert, an, wie spät es ist. Dazwischen liegen die Backsteinbauten des Hauptgebäudes und der Seitenflügel, die alle reich verziert sind und auch noch sehr farbenfroh obendrein. Wer möchte nicht in solch einem Gebäude studieren?

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Olya-Kobilyanska-Straße
Blick auf die Olha-Kobyljanska-Straße

Über die Olha-Kobyljanska-Straße flanieren

Chernivtsi gehört heute zur Ukraine und in der Gegend haben auch schon immer Ruthenen, die frühere Bezeichnung für Ukrainer, gelebt. Und so kommt es auch, dass Olha Kobyljanska hier geboren wurde und ihr Leben in Czernowitz verbracht hat. Kein Wunder also, dass im ukrainischen Chernivtsi die Flaniermeile Nummer 1 nach dieser größten ukrainischen Dichterin der Region benannt wurde. Und auch als Boulevard von Czernowitz hat die Straße einiges zu bieten. Hier sind das Paul-Celan-Literaturzentrum, alle wichtigen Geschäfte sowie Restaurants und andere Czernowitz Sehenswürdigkeiten angesiedelt. Bänke laden zum Verweilen ein, die schönen Fassaden zum Flanieren.

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Theaterplatz
Das Theater von Czernowitz ähnelt dem Stadttheater von Fürth.

Den Theaterplatz mit seiner österreichischen Architektur bewundern

Der Theaterplatz ist bei genauem Betrachten ein wahrer Streifzug durch die Geschichte von Czernowitz. Hier zeigt sich die Geschichte der Stadt quasi in einem Mikrokosmos eines Platzes. So steht am Theaterplatz nicht nur das Jüdische Haus, in dem heute das Museum für die Geschichte und Kultur der Juden in der Bukowina untergebracht ist. Auch das Deutsche Haus teilt sich den Platz. Das namensgebende Theater ist übrigens baugleich mit dem Stadttheater von Fürth und wurde von der gleichen Firma errichtet – Fellner und Helmer.

Und brachial drängt sich auch noch das modernistische Gebäude neben dem Jüdischen Haus ins Bild, das zu Zeiten der Sowjetunion gebaut wurde und auch den Machtanspruch der kommunistischen Ideologie verkörpert. Und zu unserer Überraschung war bei unserem Besuch zum Tag der Helden auch die ukrainische Armee vertreten und gedachte der in der Ostukraine gefallenen Soldaten und warb um Freiwillige.

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Theater
Die Türme der Nikolaikirche wirken leicht betrunken. Deswegen nennen die Czernowitzer sie auch die Betrunkene Kirche.

Nikolaikirche – Die betrunkene Kirche nüchtern betrachten

Wohl eine meiner liebsten Czernowitz Sehenswürdigkeiten entdeckten wir nur durch Zufall auf dem Weg zu unserem Hotel. Die Kirche St. Nikolaus wird nämlich von den Einheimischen auch gern „die betrunkene Kirche“ genannt. Die vier Türme um die Kuppel sind gewunden, was schon recht seltsam und ungewohnt für eine Kirche aussieht. Ob auch die Priester betrunken sind vom vielen Wein, konnten wir nicht feststellen. Auf unserem Rückweg von der Bar sah die Kirche allerdings wieder gerader aus als vorher. Seltsam oder?

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Hauptplatz
Das Rathaus von Czernowitz aus der österreichischen Zeit der Stadt.

Rathausplatz mit Rathaus – Das Tuten und Blasen verfolgen

Immer pünktlich zur Mittagszeit bläst ein Trompeter vom Rathaus Czernowitz in die Welt. Der Klang des Blechblasinstruments schallt dann über den ganzen Zentralplatz mit dem geschäftigen Verkehr aus Autos, Auto- und Trolleybussen. Joseph II., Kaiser von Österreich-Ungarn, soll den Platz, der 1786 noch am Südrand der Stadt lag, als Marktplatz für die Stadt vorgeschlagen haben. Und das Zentrum wurde sie dann auch.

Interessantes Detail: Der Platz für das Denkmal für den ukrainischen Dichter Taras Schewtschenko hat schon einige Statuen gesehen, je nachdem, wer gerade an der Macht war. In der österreichischen Herrschaft stand hier eine Marienstatue, in der rumänischen Zeit ein Denkmal für die Vereinigung mit Rumänien, in der Sowjetunion ein Lenin-Denkmal. Wollen wir hoffen, dass das heutige Denkmal nun bleibt, wo es ist.

Grab des Bürgermeisters Eduard Reiss auf dem jüdischen Friedhof von Czernowitz.

Jüdisches Czernowitz – Von Klein-Paris nach Klein-Jerusalem

Neben der reichhaltigen Architektur aus der Zeit der österreichischen Herrschaft, den Spuren der sowjetischen Besatzung der Ukraine, den Einflüssen der Rumänen auf Czernowitz und dem neuen Gesicht der unabhängigen Ukraine, haben auch die jüdischen Bewohner Czernowitz geprägt. Die „Stadt der toten Dichter“, wie Chernivtsi auch gern genannt wird, zeigt an einigen Orten immer noch die reiche Vergangenheit als „Jerusalem an der Pruth“. Mehr zeigt das Museum der Kultur und Geschichte der Juden in der Bukowina im Jüdischen Haus. Auch der riesige jüdische Friedhof ist einen Besuch wert. Mehr zu den Juden in Czernowitz erfahrt ihr in einem eigenen Artikel.

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Armenische Kirche
Armenier lebten über Jahrhunderte in Czernowitz und eröffneten 1875 ihre eigene Kirche.

Armenische Kirche – Das Erbe der versteckten Diaspora

Armenier gab es in der Bukowina bereits seit dem 13. Jahrhundert. Die armenische Diaspora hielt sich hier jahrhundertelang. Anders als die Armenier von Suceava im heutigen Rumänien waren die Armenier von Czernowitz größtenteils armenisch-katholisch. 1875 schließlich konnte die Gemeinde sich eine neue Kirche leisten und engagierte den böhmischen Architekten Josef Hlávka, der später auch das Gebäude des bukowinischen Metropoliten baute.

Mit der sowjetischen Besatzung verließen die meisten armenischen Katholiken die Bukowina. Die Kirche wurde von den Kommunisten für verschiedene Zwecke genutzt und Ende der 1980er-Jahre der Philharmonie angegliedert. Heute wird die armenische Kirche sowohl als Gotteshaus, wie auch als Orgelhalle der Philharmonie genutzt.

Türkischer Brunnen

Bereits zu österreichischen Zeiten gab es in Czernowitz eine Türkengasse. Der Name verschwand während der sowjetischen Zeit. In den 1990er-Jahren wurde der Titel jedoch wieder in Form des Türkischen Platzes eingeführt. So gibt es auf dem Platz auch einen Brunnen, der von der Czernowitzern Türkenbrunnen genannt wird. Während der österreichischen Zeit bekam er einen Halbmond verpasst, damit er exotischer aussieht. Im Zuge einer Renovierung wurde zudem eine Skulptur in Form eines riesigen Fahrrades aufgestellt. Sie heißt „Von Gulliver vergessen“.

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Schiffs-Haus
Das Schiffs-Haus wurde von einem wohlhabenden jüdischen Kaufmann gebaut, der auch ein Waisenhaus stiftete.

Schiffs-Haus – Titanic-Fotos an Land knipsen

Die ungewöhnliche Form des Schiffs-Hauses hat viele Legenden hervorgebracht. Die bekannteste besagt, dass zwei Brüder eine große Liebe für das Meer hatten. Einer wurde Seemann, der andere wurde reich. Als beide sich im Alter, unverheiratet zur Ruhe setzen wollten, fanden sie das Schiffs-Haus und ließen sich hier nieder.

So schön und romantisch viele der Legenden sind, so ist aber auch die wahre Geschichte des Gebäudes nicht zu verachten. Gebaut wurde das Schiffs-Haus an einer Stelle, wo zuvor ein Gasthof mit dem Namen Zum Goldenen Schiff gestanden haben soll. Architekt war Julius Bochner, der sowohl im Magistrat der Stadt als auch in der jüdischen Gemeinde von Czernowitz sehr aktiv war. Hausherr war ein jüdischer Kaufmann namens Josef Schlefer. Schlefer gründete später eine Stiftung, die ein Waisenhaus betrieb. Von seinem Erbe wurde das Waisenhaus betrieben. Nach seinem Tod kümmerte sich seine Tochter Friederike um das Gebäude, bis es durch die sowjetische Besatzung enteignet wurde.

Oktober-Park / Park der Reformation

Der Oktober-Park ist der größte Park von Czernowitz und lohnt einen Besuch. Der See mit dem Erholungskomplex sieht noch aus, wie zu Zeiten der Österreicher. 2017 war der Park zwischenzeitlich in Park der Reformation umbenannt worden, da 2017 das Jahr der Reformation war. Kurze Zeit später wurde der Park aber wieder zurückbenannt – trotz des Gesetzes der Dekommunisierung in der Ukraine, das kommunistische Namensgebungen für öffentliche Orte verbietet.

Museen in Czernowitz

In den Museen der Stadt Chernivtsi findet sich der Reichtum nicht nur der kulturell sehr diversen Stadt, sondern auch der der ganzen Region Bukowina wieder.

Regionalmuseum

Das Regionalmuseum ist eine umfassende Sammlung an kulturellen und wissenschaftlichen Stücken aus der gesamten Bukowina. Ein besonderes Schmuckstück ist eine Bibel die von Iwan Fedorow gedruckt wurde. Er druckte erstmals Bibeln in kyrillischer Schrift und wird daher auch oft der Gutenberg des Ostens genannt.

Czernowitz Sehenswürdigkeiten Kunstmuseum
Das Kunstmuseum ist selbst ein Kunstwerk.

Kunstmuseum

Das Gebäude selbst ist schon ein Kunstwerk, das im Stil der Wiener Sezession gebaut wurde. Ursprünglich wurde es als Sitz der Sparkasse der Bukowina gebaut. Besonders das Majolika-Bild an der Fassade ist ein Highlight unter den Czernowitz Sehenswürdigkeiten. Im Museum werden Kunstschätze aus der Bukowina vom 17. bis zum 21. Jahrhundert gezeigt. Dazu gehören Volkskunst wie Teppiche und Ostereier, aber auch Skulpturen und Malereien regionaler Künstler.

Museum für Volksarchitektur und Brauchtum

Wer sehen möchte, wie Ukrainer in der Bukowina früher gelebt haben, der ist im Museum für Volksarchitektur und Brauchtum genau richtig. Hier wird ausgestellt. Hier sind 35 alte Gebäude aus verschiedenen Orten wiederaufgebaut worden. In den Gebäuden werden Textilien, Werkzeuge und Geräte und auch Küchenutensilien ausgestellt. Ein schöner Ausflug in die Vergangenheit.

Feste in Czernowitz

In der Bukowina wird viel und gerne gefeiert. Doch auch das Gedenken an die Dichter der Stadt und der Region spielt eine wichtige Rolle im Kulturleben von Chernivtsi.

Meridian Czernowitz

Jedes Jahr kommen bekannte Dichter und Schriftsteller zum Meridian Festival aus Ost und West, der Ukraine und dem Ausland nach Czernowitz. Das Poesiefestival lädt Czernowitz ein und will so das Andenken an Paul Celan, Rose Ausländer und andere wachhalten.

Malanka

Jedes Jahr zum Jahrestag der heiligen Melania wird in der Bukowina und Teilen der Karpaten Malanka gefeiert. Auch in Czernowitz gibt es hierfür einen riesigen Umzug, bei dem die Teilnehmer sich mit Masken verkleiden.

Obnova-Fest

Das Fest der Erneuerung bringt seit 2008 jedes Jahr alle möglichen Band aus der Folkmusikszene in das Museum für Volksarchitektur. Unter freiem Himmel und vor Tausenden Zuschauern treten dann Bands vor allem aus der Ukraine und dem benachbarten Ausland auf.

Czernowitz Restaurant Tipps
In der Küche der Bukowina finden sich Einflüsse aus der ukrainischen, jüdischen, rumänischen und vielen weiteren Küchen.

Essen in Czernowitz – Multikulturelle Küche der Bukowina entdecken

Die Bukowina als Region zwischen mehreren Kulturräumen und mit Einfluss anderer Kulturen war schon immer auch ein kulinarischer Schmelztiegel. Mittlerweile will man daran auch wieder anknüpfen und bietet neben ukrainischen Essen auch anderen Spezialitäten.

Panska Huralnya

Genau diesen multikulturellen Mix bietet Panska Huralnya (Olha-Kobyljanska-Straße 5). Jüdische Speisen, rumänische und ukrainische Speisen – alles in einem Restaurant. Die jüdischen Speisen sind zwar nicht koscher, aber immerhin an die kulinarischen Traditionen der Bukowina angelehnt. Wer schnell einen Überblick über die Küche der Bukowina bekommen will, ist hier genau richtig.

Kosher Organic

Im Restaurant Kosher Organic (Sadovskoho-Straße 11) ist hingegen alles streng koscher und authentisch jüdisch zubereitet. Das ist auch völlig klar, denn es liegt direkt neben der derzeitigen Synagoge in Czernowitz. Das Essen ist zudem auch noch sehr lecker.

Bucuresti

Czernowitz war einst auch Teil der Moldau und Rumäniens. Dementsprechend sind auch die rumänischen Einflüsse in Czernowitz nicht zu übersehen. Im Restaurant Bucuresti (Olha-Kobyljanska-Straße 7) könnt ihr gute rumänische Gerichte wie Polenta genießen.

Czernowitz Buchtipps

Czernowitz ist ein mythische Stadt. Durch die vielen bekannten Dichter von hier gibt es einige interessante Bücher.

  • Der Autor der Reihe k.u.k. Sehnsuchtsorte Gregor Gatscher-Riedl befasst sich intensiv mit den Städten des ehemaligen Habsburger-Reiches. Auch in Czernowitz findet er viele interessante Geschichten der rund 120-jährigen Phase in Czernowitz.

  • Rose Ausländer war eine der bekanntesten Schriftstellerinnen aus Czernowitz. Als Jüdin überlebte sie hier den Holocaust und traf im Ghetto auch Paul Celan. Ihre Gedichte strahlen bis heute eine unvergleichbare Kraft aus.

Gedichte*
  • Ausländer, Rose (Autor)
  • Was für eine unglaublich vielfältige Küche Czernowitz als Metropole der Bukowina hat, kann man nicht nur in den Restaurants der Stadt erleben. Im Czernowitzer Kochbuch finden sich leckere Gerichte aus der ukrainischen, rumänischen, jüdischen, deutschen und polnischen Küche wieder!

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Peter Althaus ist Journalist, Autor und Blogger. 2011 hat er das Reiseblog Rooksack gegründet. Doch seine eigentliche Liebe ist immer schon Osteuropa gewesen. Mittlerweile lebt er in Lwiw in der Ukraine und führt dort einen Reiseveranstalter. Da er aber weiter gern schreibt, gibt es heute Wild East – das Osteuropa-Reiseblog.

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