DDR Potsdam – auf den Spuren des Sozialismus in der Residenzstadt

Potsdam ist als Stadt der preußischen Könige bekannt. Doch auch die DDR hat in Potsdam Spuren hinterlassen. Ein Streifzug durch das DDR Potsdam.

Inhaltsverzeichnis

Potsdam ist vor allem als Residenzstadt der preußischen Könige bekannt. Hier lebte der alte Fritz und ließ sich sein Schloss Sanssouci errichten, das bis heute die bekannteste der Potsdam Sehenswürdigkeiten ist. Dennoch hat auch die DDR in der Adelsstadt ihre Spuren hinterlassen. Neben den sichtbaren Plattenbauten sind auch einige andere Gebäude eng mit dem DDR Potsdam verknüpft.

Potsdamer Kreml

Ganz schön bedrohlich thront der Kreml über Potsdam. Und ähnlich wie sein Moskauer Bruder wurde er auch vor der Herrschaft des Sozialismus in Potsdam gebaut. Die ehemalige Königlich-Preußische Kriegsschule wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst von der sowjetischen Militäradministration genutzt, bevor sie 1952 zum Sitz der SED-Bezirksleitung wurde. An die Front des Turmes wurde daraufhin ein riesiges SED-Logo gemalt, dass noch bis in die 90er Jahre dort prangte. Auch heute noch ist das Emblem mit dem Händedruck schemenhaft zu erkennen. Nach der Wiedervereinigung nutzte der Brandenburger Landtag das Gebäude für Sitzungen, bis dieser in das wiedererrichtete Stadtschloss verlegt wurde.

Interhotel DDR Potsdam

Interhotel Potsdam – Mercure Potsdam

Auch Potsdam sollte nach den Zerstörungen des Krieges und durch seine Rolle als Bezirkshauptstadt in der DDR als sozialistische Stadt wieder auferstehen. Deshalb gab Walter Ulbricht persönlich 1967 den Auftrag, die Innenstadt umbauen zu lassen. 17 Stockwerke hat hat das Gebäude seit 1969 und ist 60 Meter hoch. Auch heute könnt ihr hier noch in den oberen Etagen übernachten* und den besten Ausblick nicht nur auf das DDR Potsdam genießen.

DDR Potsdam Rechenzentrum

Rechenzentrum – Große Prozesse für die DDR-Statistik

Das Datenverarbeitungszentrum des VEB Maschinelles Rechnen des Bezirkes Potsdam wurde zwischen 1969 und 1971 auf dem Gelände der 1968 gesprengten Garnisonskirche errichtet. Die einstige Fassadengestaltung der Architekten um Sepp Weber ist seit der Wende verschwunden. Das auch als Rechenzentrum bezeichnete Gebäude beherbergte mehrere Großrechner, die für die Datenbearbeitung der Verwaltung im Bezirk zuständig waren. Vor allem für die Statistikbehörden wurden Daten erfasst und bearbeitet. Nach der Wende gab es noch bis 1995 einen Nachfolgebetrieb. Mittlerweile wird aber über den Abriss des Rechenzentrums heftig gestritten. Derzeit wird es als Kreativzentrum genutzt. Die Nutzer wollen es damit erhalten.

Mosaik Der Mensch bezwingt den Kosmos

Besonders auffällig am Rechenzentrum ist das mittlerweile recht bekannt gewordene Wandmosaik „Der Mensch bezwingt den Kosmos“. Es zelebriert die Errungenschaften der Arbeiterklasse, so wie sie die DDR-Behörden sahen. Es stellt neben der Computerisierung zum Beispiel auch das Erreichen des Weltraums und die Entwicklung der sozialistischen Verteidigungskräfte dar. Die wissenschaftlich-technische Revolution war dem Mosaik zufolge auf dem Wege, den Kapitalismus zu überwinden. Insgesamt ist das 18-teilige Mosaik 70 Meter lang und umringt das Rechenzentrum an drei Seiten.

Café Minsk – Museum für DDR-Kunst

Das Minsk war ein Projekt der deutsch-sowjetischen Freundschaft. Denn in Minsk entstand zur selben Zeit das Restaurant Potsdam. So waren der Bezirk Potsdam und der Kreis Minsk partnerschaftlich mit einander verbunden. An der Gestaltung des Cafés, das zwischen 1971 und 1979 errichtet wurde, waren sogar Künstler aus Belarus beteiligt. Im Innern waren Motive aus der belarusischen Volkskunst dargestellt und Wandbilder zeigten Szenen aus Minsk. Von hier gab es einen schönen Ausblick auf die Skyline der Stadt. Nach 2000 verfiel das Gebäude, bis es 2019 von SAP-Co-Gründer Hasso Plattner gekauft wurde. Nun wird das Minsk saniert und soll ab Herbst 2021 ein Museum für DDR-Kunst werden. Spannend!

Seerose DDR Potsdam

Restaurant Seerose – Wertvolle Hyparschale von Müther

Auf der anderen Seite der Havel steht bis heute noch ein anderes Café, das auch weiterhin als Gaststätte genutzt wird. Die Seerose ist einer der Hyparschalenbaue, die von Ulrich Müther errichtet wurden. Beispiele der Hyparschalen-Architektur finden sich auch in Magdeburg oder Warnemünde. Sie gelten heute als Ikonen der DDR-Moderne. Müther nahm sich dabei das von Félix Candelas in Mexiko-Stadt geplante Restaurant Los Manantiales zum Vorbild. Das Interieur wurde leider bei einem nicht-genehmigten Umbau 2013 größtenteils zerstört.

Berliner Mauer Sehenswürdigkeiten Glienicker Brücke

Glienicker Brücke

Da West-Berlin im Westen an Potsdam grenzte, gab es auch hier eine innerdeutsche Grenze. Die Glienicker Brücke ist besonders berühmt geworden, denn hier fanden während des Kalten Krieges häufig Austausche von Spionen, Agenten und politischen Gefangenen statt. Während des Krieges war die Brücke zerstört worden, aber bereits 1947 wurde sie wieder aufgebaut. 1949 benannten die DDR-Behörden sie in Brücke der Einheit um. Was für eine Ironie angesichts dessen, dass sie Teil der Berliner Mauer war.

Babelsberger Filmstudios

Auch wenn die Filmstudios in Babelsberg bereits in die Kaiserzeit zurückreichen, die Nazis hier Propaganda-Filme gedreht haben und hier auch nach der Wende viele berühmte Filme entstanden sind, so war Babelsberg auch das Zentrum der DDR-Filmindustrie. Fast alle bekannten DDR-Filme wie „Spur der Steine“, „Die Legende von Paul und Paula“, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und viele weitere wurden hier gedreht. In den Studios gibt es daher auch viel über die Ost-Kultfilme zu erfahren. Und das Sandmännchen wird hier noch heute produziert.

Gedenkstätte Lindenstrasse Potsdam DDR

Gedenkstätte Lindenstraße

Neben Stätten der Unterhaltung gab es, wie in jedem DDR-Bezirk auch, Stätten der Erniedrigung und Folter. Auch in Potsdam gab es ein Untersuchungsgefängnis der Stasi. Anders als in vielen anderen DDR-Städten lag es in Potsdam mitten in der Altstadt. In der Lindenstraße waren bereits unter den Nationalsozialisten Menschen inhaftiert worden. Der sowjetische KGB und die DDR-Regierung nutzten das Gebäude in gleicher Weise. Die Haftbedingungen verbesserten sich zwar im Laufe der Jahre, aber waren dennoch mit heutigen Gefängnissen nicht zu vergleichen. Die Ausstellung im Haus erinnert an das Leid, das den ausschließlich politischen Gefangenen hier während der Diktatur widerfahren ist.

Cecilienhof DDR Potsdam
Auf der Rasenfläche prangte bis vor ein paar Jahren ein roter Stern, den Sowjetsoldaten gepflanzt hatten

Schloss Cecilienhof – Ort der deutschen Teilung

Bekannt ist das Schloss Cecilienhof vor allem, weil es als Tagungsort für die Potsdamer Konferenz diente, auf der Stalin, Truman und Churchill die Nachkriegsordnung regelten. Fotos von ihnen sind im Hof des Schlosses gemacht worden und der Konferenzsaal ist im Originalzustand erhalten geblieben und kann besichtigt werden. Hier beschlossen sie die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen und legten die neuen Außengrenzen des besiegten Deutschlands fest. Jede Besatzungsmacht durfte in ihrer Besatzungszone autark agieren, ohne Einspruch durch den alliierten Kontrollrat. Und so folgte bald die Durchsetzung der sowjetischen Machtpolitik in der östlichen Besatzungszone.

Verbotene Stadt Potsdam Sowjetunion Geheimdienst

Verbotene sowjetische Stadt in Potsdam

Nur wenige Meter vom Schloss Cecilienhof hatten die dort getroffenen Entscheidungen direkte Auswirkungen. Denn in der Nauener Vorstadt verloren alle Bewohner ihre Wohnungen im Zuge Beschlagnahmung ihrer Gebäude durch die Besatzungsmacht. Folglich gab es neben der DDR in Potsdam im wahrsten Sinne des Wortes auch eine kleine Sowjetunion. Hier befand sich bis zum Abzug der sowjetischen Truppen aus Deutschland 1994 eine geheime Stadt nur für sowjetische Militärs. Das auch die „verbotene Stadt“ genannte Viertel war für normale Bürger nicht zugänglich. Hier lebten und arbeiteten Mitarbeiter vor allem der Deutschlandzentrale der Spionageabwehr des sowjetischen Militärs und deren Familien.

Verbotene Stadt Potsdam

Stadt in der Stadt

Von den Sowjets wurde die geheime Stadt auch Militärstädtchen Nr. 7 genannt. Ein Lehrpfad mit 14 Stopps erklärt alle wichtigen Orte der geheimen Stadt und ihre Funktionen. So sind von der einstiegen Stadt heute nur noch Fragmente der Sicherungsanlagen, ein paar Schilder und alte Denkmäler übrig. Einst war das Gelände von einer Mauer und Wachtürmen umgeben. Potsdamer Bürger machten einen großen Bogen darum. 350 Soldaten bewachten das Gelände und hielten unerwünschte Gäste fern. Drinnen gab es alles, was die Sowjets brauchten: eine Poliklinik, Läden, Clubs, Wohnungen und sogar ein Hotel.

Militärtribunal Potsdam
Gebäude des Militärtribunals

Sowjetisches Militärtribunal

Bereits vor Beginn der Potsdamer Konferenz wurde in Potsdam die Zentrale der militärischen Spionageabwehr des KGB installiert. Das Mädcheninternat des Kaiserin-Augusta-Stifts wurde umfunktioniert und diente dem Dienst bis 1994 als Sitz. Die Kapelle wurde zum Gerichtssaal. Das Kreuz wurde durch Lenin ersetzt. Nicht wenige Verurteilungen, auch gegen Deutsche, fanden hier statt.

Gedenkstätte Leistikowstrasse

Zu den enteigneten Gebäuden gehörte auch das Gebäude der evangelischen Frauenhilfe. Im Keller des Gebäudes wurden Arrestzellen eingerichtet. Ab nun wurden hier Bürger der sowjetischen Besatzungszone, die den Sowjets ein Dorn im Auge waren, inhaftiert. Viele von ihnen waren unschuldig, gerieten aber im Zuge der stalinistischen Paranoia ins Visier der sowjetischen Geheimdienste. Viele wurden von hier aus in die Gefängnisse des KGB oder in Lager des Gulag im fernen Osten der Sowjetunion deportiert. Viele kehrten nicht wieder heim. In der Ausstellung in den ehemaligen Zellen berichten sowohl deutsche als auch frühere sowjetische Häftlinge von den Qualen im Gefängnis.

Kennt ihr noch andere Orte aus DDR-Zeiten in Potsdam oder besondere Gebäude und Kunstwerke der DDR hier? Wir freuen uns über Hinweise in den Kommentaren!

Buchtipps

Architekturführer des bekannten Berliner Verlags, der auch zahlreiche Gebäude aus der Zeit der DDR listet.

Architekturführer Potsdam: Reiseführer (Architekturführer/Architectural Guide)*
  • Architekturführer Potsdam. Authors: Uta Keil, Christoph Gößmann, Harald Bodenschatz, Erich Konter, Philipp Meuser, Andreas Matschenz, Alexandra Schmöger, Gunnar Tessin. German. Publisher:DOM Publ, Berlin, 2015.
  • Uta Keil (Autor)

Dieses Buch widmet sich den interessantesten Bauten aus der Zeit der DDR in Potsdam und verzeichnet auch Gebäude, die heute nicht mehr existieren.

Dreisprachiger Führer zu den schönsten Orten in der Residenzstadt.

Handlicher, klassischer Reiseführer mit vielen schönen Tipps, die weit über die Beschreibung von Sehenswürdigkeiten hinausgehen.

Auf beeindruckenden Bildern wird hier gezeigt, wie Potsdam Anfang der 1920er-Jahre einst aussah.

Auch dieses Buch wagt einen Blick in die Vergangenheit, spannt durch den Vergleich historischer und neuer Aufnahmen aber gleichzeitig einen Bogen in die Moderne.

Dieser Führer wagt einen ungewöhnlichen Ansatz und begibt sich auf die Spuren berühmter Bewohner der Stadt!

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Peter Althaus ist Journalist, Autor und Blogger. 2011 hat er das Reiseblog Rooksack gegründet. Doch seine eigentliche Liebe ist immer schon Osteuropa gewesen. Mittlerweile lebt er in Lwiw in der Ukraine und führt dort einen Reiseveranstalter. Da er aber weiter gern schreibt, gibt es heute Wild East – das Osteuropa-Reiseblog.

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