Die Republik Moldau bzw. Moldawien, wie das Land zwischen Rumänien und der Ukraine in Deutschland meistens fälschlicherweise (da auf einem sowjetrussischen Sprachnarrativ basierend) genannt wird, zählt für viele zu den in touristischer Hinsicht „weißen Flecken“ auf der Landkarte. Und tatsächlich sind die ersten Dinge, die einem bei Moldau in den Sinn kommen nicht unbedingt positiv, die meisten dürften an Armut und den von prorussischen Separatisten kontrollierten Landesteil Transnistrien denken.
Dass Moldau aber ein faszinierender Vielvölkerstaat im Kleinen mit zahlreichen spannenden Sights, einer sagenhaften Weinkultur und vielen Überraschungen ist, das will ich euch in diesem Artikel zeigen, für den ich die schönsten Moldawien Sehenswürdigkeiten besucht habe. Hier gelangt ihr übrigens zu einem Artikel von uns, in dem sich unser Gastautor Professor Haversath mit der Geschichte des Landes beschäftigt.
Bulevardul Ștefan cel Mare și Sfînt in Chișinău
Gut jeder fünfte Einwohner Moldaus lebt in der Hauptstadt Chișinău, dem geistigen wie wirtschaftlichen Zentrum des Landes. Einer der markantesten und emblematischsten Orte der Stadt ist der Bulevardul Ștefan cel Mare și Sfînt, auch bekannt als Stefan-der-Große-Boulevard. Er wurde im 19. Jahrhundert angelegt und im Laufe der Zeit mehrmals umgestaltet und erweitert. Heute ist er nicht nur eine wichtige Verkehrsstraße, sondern auch der kulturelle und soziale Mittelpunkt der Stadt, eigentlich sogar des ganzen Landes.
Der Bulevardul Ștefan cel Mare și Sfînt ist gesäumt von prächtigen Gebäuden, die eine Mischung aus verschiedenen architektonischen Stilen aufweisen. Hier findet man beeindruckende Beispiele von neoklassizistischer, sowjetischer und moderner Architektur. Einige der bemerkenswertesten Gebäude entlang des Boulevards sind das Nationale Opern- und Balletthaus, das Nationale Kunstmuseum, das Regierungsgebäude der Republik Moldau sowie der Präsidentenpalast. Gegenüber dem Regierungsgebäude findet ihr den Arcul de Triumf (Triumphbogen), der an den russischen Sieg im Russisch-Türkischen Krieg 1828/1829 erinnert.
Kathedrale der Geburt des Herrn in Chișinău
Das vielleicht beeindruckendste Gebäude am Bulevardul Ștefan cel Mare și Sfînt ist aber die Catedrala Mitropolitană Nașterea Domnului („Geburt des Herrn“). Die Geschichte dieser Kathedrale reicht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Die Kathedrale wurde im Empire-Stil errichtet, während der Sowjetzeit diente das Gebäude verschiedenen Zwecken. 1992, nach der Unabhängigkeit Moldaus, wurde die Kathedrale der Moldauisch-Orthodoxen Kirche zurückgegeben und aufwendig restauriert, um ihre einstige Pracht und spirituelle Bedeutung wiederherzustellen. Im Inneren der Kathedrale finden sich beeindruckende Ikonen, Wandmalereien und eine atemberaubende Ikonostase. Wie wichtig die Kirche für das Land ist, zeigt auch der Umstand, dass 1939 der erste Radiosender der Stadt hier eine Messe übertrug.
Kloster des großen Märtyrers Teodor Tiron in Chișinău
Das Kloster des großen Märtyrers Teodor Tiron, meist einfach als Ciuflea-Kloster bezeichnet, macht in optischer Hinsicht fast noch mehr her als die Kathedrale am Bulevardul Ștefan cel Mare și Sfînt. Das Kloster hat eine lange und eindrucksvolle Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Einen besonderen Platz im Herzen der Bewohner Chișinăus hat diese Moldawien Sehenswürdigkeit auch deshalb, da die Klosterkirche während der Sowjetzeit lange die einzige in der Stadt war, in der Gottesdienste stattfanden. Mit der himmelblauen Fassade und den goldenen Türmen und Kuppeln ist die Kirche ein absoluter Hingucker, aber auch das Innere, wo mehrere Reliquien aufbewahrt werden, solltet ihr unbedingt besuchen!
Sozialistische Architektur in Chișinău
Die meisten Bewohner der Stadt verdrehen beim Anblick der vielen vermeintlichen „Bausünden“ aus der Zeit zwischen 1960 und 1990 entnervt die Augen (oder wenden gleich den Kopf ab). Wer sich aber für die Sozialistische Moderne oder Lost Places interessiert, für den ist Chișinău fast schon ein Mekka. Das oben abgebildete Parlamentsgebäude wird weiter genutzt, andere Gebäude verfallen hingegen langsam, überall spürt man die wirtschaftlichen Probleme des Landes. Fans ungewöhnlicher Fotospots werden an der Stadt aber ihre wahre Freude haben. Besonders schön fand ich den staatlichen Zirkus (links im Bild) aus dem Jahr 1981 und das ehemalige Intourist-Hotel Național. Eine interaktive Karte mit den schönsten Orten der Sozialistischen Moderne findet ihr übrigens hier.
Orheiul Vechi
Nur rund eine Autostunde von Chișinău entfernt befindet sich eine der größten Naturschönheiten des Landes (und gleichzeitig die für viele bedeutendste Sehenswürdigkeit des Landes). Die historischen Höhlenklöster und archäologischen Stätten, die sich in dieser bezaubernden Landschaft verbergen, machen Orheiul Vechi zu einem wahren Juwel, das sowohl Geschichte als auch Naturerlebnis vereint.
Seit der Steinzeit leben hier Menschen, die Höhlenklöster kamen dann im 17. Jh. auf dem Butuceni-Hügel hinzu. Noch heute leben hier Einsiedler in den Höhlen, von denen aus man eine sagenhafte Sicht auf das Tal des Flusses Răut hat. Außerdem finden sich hier die Reste der tatarischen Festung Schehr al-Jadid sowie einer Moschee. Das Dorf Butuceni verfügt über zahlreiche historische Bauernhäuser, dort habe ich auch das Titelbild dieses Artikel geschossen.
Weinsammlung Cricova
Weinanbau hat in Moldau eine Geschichte, die bis ca. 3000 v. Chr. zurückreicht. Kein Wunder, liegt das Land doch auf dem selben Breitengrad wie das französische Burgund. Zu sowjetischen Zeiten genoss der Wein aus Moldawien daher einen ähnlich guten Ruf wie der georgische, beliebt war und ist auch der Cognac. Zwei besondere Orte in Moldau haben sich mittlerweile zu Anziehungspunkten für internationale Weinliebhaber entwickelt.
120 km ist das Stollensystem unter der Kleinstadt Cricova lang, früher wurde hier Kalkstein abgebaut. Da die ganzjährig gleichbleibenden klimatischen Bedingungen hier ideal sind, werden hier mittlerweile über 1,2 Millionen (!) Flaschen Wein gelagert. Sekt wird hier auch produziert, aber vor allem sind die vielen Gäste neugierig, welche Weine Hermann Göring (ein Teil seiner Weinsammlung befindet sich tatsächlich noch immer hier) oder der russische Diktator Wladimir Putin hier lagern.
Mileștii Mici
Ihr seht es auf dem Bild oben rechts schon, Mileștii Mici vor den Toren von Chișinău ist ein besonderer, gar rekordverdächtiger Ort. Hier werden nämlich mit 1,5 Mio. Flaschen nochmal mehr Tropfen gelagert als in Cricova, was den Ort zum größten Weinkeller der Welt macht. 250 km Länge umfasst das unterirdische Gängelabyrinth, wobei sogar nur rund ein Fünftel der Fläche überhaupt genutzt wird. Als Besucher könnt ihr mit dem Fahrrad durch die dunklen Keller fahren und die exzellenten Weine verkosten, der Rückweg war in meinem Fall etwas abenteuerlich.
Gagausien
Von den Gagausen haben vermutlich nur Ethnologiestudenten unter unseren Lesern bisher etwas gehört. Es handelt sich um ein Turkvolk orthodoxen Glaubens mit eigener Sprache. Die Region um die Hauptstadt Comrat genießt in Moldau einige Freiheiten und eine gewisse Autonomie. Von der UNESCO wird das Gagausische als gefährdete Sprache eingestuft, auch weil viele junge Gagausen im Alltag Russisch sprechen. Ein Besuch der sehr ländlichen Region Gagausien lohnt sich weniger, weil es hier viele Moldawien Sehenswürdigkeiten geben würde, sondern vor allem wegen der Gastfreundschaft und Freundlichkeit der Menschen, die stolz ihre Traditionen pflegen.
Festung Bender – Münchhausens Flug
Um zur Festung Bender und nach Tiraspol zu gelangen, müsst ihr einige Hürden überwinden, denn beide Orte befinden sich in der abtrünnigen Republik Transnistrien, einem russischen Marionettenstaat (in dem es an Flaggen nicht mangelt, wie man auf dem Bild oben sehen kann). Wenn ihr in die selbsternannte, international nicht anerkannte „Pridnestrowische Moldauische Republik“ reisen wollt, dann erhaltet ihr keine konsularische Unterstützung, geht also ein gewisses Risiko ein, gerade in Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Wagt ihr den Trip allerdings, so kommt ihr direkt hinter dem russischen Militärcheckpoint nach Bender. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit des Ortes ist dessen Festung aus dem 16. Jahrhundert, die von Ștefan cel Mare errichtet und wenig später von den Osmanen erobert wurde. Von historischer Bedeutung ist der Ort, da hier 1709 der große Kosakenführer Iwan Masepa verstarb. Bekannt ist die Festung aber wohl eher wegen Baron von Münchhausen, der von hier aus auf einer Kanonenkugel zur Krim geflogen sein soll. Heute findet ihr hier mehrere historische Ausstellungen.
Tiraspol
Tiraspol ist die Hauptstadt der nicht anerkannten Republik Transnistrien und in vielerlei Hinsicht ein krasser Kontrast zu Chișinău. Man reibt sich bei einem Spaziergang durch die Stadt die Augen, einerseits weil hier alles blitzeblank sauber ist (was auf die moldauische Hauptstadt nicht unbedingt zutrifft), andererseits weil alles aus der Zeit gefallen scheint. Man täte Tiraspol sicher Unrecht, wenn man es als „sowjetisches Disneyland“ bezeichnen würde, aber wer zu jung ist und nie in der Sowjetunion war, bekommt hier eine Ahnung davon, wie es damals wohl ausgesehen haben könnte.
Überall findet ihr Leninstatuen, an Kiosken könnt ihr Stalin-Kühlschrankmagneten kaufen und auch sonst wirkt alles etwas skurril. Aber genau deshalb lohnt sich ein Besuch. Vor Ort zahlt ihr übrigens mit transnistrischen Rubeln, die gibt es (als einziges „Land“ der Welt) sogar als Plastikvariante! Auf Tiraspol muss man sich einlassen, aber die Leute sind auch hier ungemein gastfreundlich, was auch diesen Ort zu einer der spannendsten Moldawien Sehenswürdigkeiten macht.
Buchtipps Moldawien Sehenswürdigkeiten
Ihr wollte in die Republik Moldau reisen und die vielen Moldawien Sehenswürdigkeiten besichtigen? Dann sind diese Buchtipps genau das Richtige für euch!
- Frieder Monzer (Autor)
Das Standardreisebuch für Moldawien gehört fast schon zur Pflichtlektüre für alle, die das Land bereisen wollen. Fundiert, gut recherchiert und teilweise amüsant werden hier die wichtigsten Moldawien Sehenswürdigkeiten präsentiert und man erfährt viel über Land und Leute.
- Wolfgang Orians (Autor)
Auch dieses Buch eignet sich zur Reisevorbereitung, auch wenn es schon etwas in die Jahre gekommen ist.
Wie hat euch unser Artikel über die Moldawien Sehenswürdigkeiten gefallen? Wart ihr schon einmal in diesem kleinen, vielen unbekannten Land? Lasst es uns wissen und schreibt uns einen Kommentar!