Osteuropa Bücherschau September 2023

Thomas Leurs stellt euch hier die neuesten Osteuropa Bücher vor und zeigt euch, welche Sachbücher und Romane im August erschienen sind.

Inhaltsverzeichnis

Osteuropa ist eine Region, die reich an Geschichte, Kultur und interessanten Menschen ist. Und auch wenn durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine viele neue Bücher herausgebracht werden, so gibt es doch noch viele unerzählte Geschichten.

Von tiefgründigen Sachbüchern, die die komplexe Vergangenheit und Gegenwart dieser Länder beleuchten bis hin zu fesselnden Romanen, die das Leben und die Herausforderungen seiner Menschen darstellen, gibt es eine Fülle von Werken, die darauf warten, entdeckt zu werden.

In diesem Blogpost werfen wir einen Blick auf einige der bemerkenswertesten Bücherneuerscheinungen zu Osteuropa, die im August 2023 auf den Markt gekommen sind und zeugen euch die besten Osteuropa Bücher. Taucht mit uns ein, in eine Welt der Erkenntnisse und Emotionen. Den Überblick darüber stellt Thomas Leurs zusammen, der auf X (vormals Twitter) Rezensionen zu Büchern über Osteuropa verfasst.

Neuerscheinungen zu Sachbüchern zu Osteuropa im August 2023

Die Sachbuchlandschaft zu Osteuropa hat in den letzten Monaten beeindruckende Werke hervorgebracht, die sowohl die historische Tiefe als auch die aktuelle Dynamik der Region beleuchten. Diese Bücher bieten nicht nur Fakten und Analysen, sondern auch tiefgreifende Einblicke in die Seele und das Erbe Osteuropas. Von politischen Analysen bis hin zu kulturellen Betrachtungen laden diese Neuerscheinungen den Leser ein, die Vielschichtigkeit und Relevanz dieser oft übersehenen Region zu erkennen.

„Mord im Tiergarten“ von Silvia Stöber

Da hätten wir etwa das sehr gut recherchierte Buch von Silvia Stöber für alle, die mehr darüber erfahren wollen, wie ein Attentäter nach Deutschland einreisen konnte, um im Berliner Tiergarten einen Mord am helllichten Tag zu begehen. Die Autorin zeichnet die Biografien sowohl des Täters als auch des Opfers nach, geht genauer auf die Geschichte Georgiens ein und berichtet über den Verlauf des Prozesses in Berlin.

„K.u.k. Sehnsuchtsort Laibach: Ein historischer Streifzug durch die Stadt“ von Markus Bingel

Unser Kollege Markus Bingel, der normalerweise Reiseführer für den Reise Know-How Verlag schreibt, hat hier sein erstes historisches Buch geschrieben und nimmt seine Leser mit auf eine Reise in das Ljubljana um das Jahr 1900, als die Stadt noch Laibach hieß. Dank zahlreicher historischer Fotos, Postkarten und Gemälde entsteht so vor dem geistigen Auge des Lesers ein genauer Eindruck davon, wie es sich damals in einer Stadt mittlerer Größe in Österreich-Ungarn lebte. Ihr könnt das Buch auch direkt beim Kral Verlag bestellen.

„Putins nutzlose Idioten“ von Gerhard Henschel

Mit einem leichten Augenzwinkern ist wahrscheinlich das Buch „Putins nutzlose Idioten“ des Schriftstellers Gerhard Henschel zu verstehen. In seinem Buch beschreibt er „zahlreiche hanebüchene Fälschungen des russischen Geheimdienstes“.

„Leben in einem Albtraum“ von Jan Jessen und Reto Klar

Der Journalist Jan Jessen und der Fotograf Reto Klar haben zusammen ein Buch herausgebracht, das mit fesselnden Reportagen und berührenden Bildern die derzeitige Lebenswirklichkeit der Ukrainer im russischen Angriffskrieg zeigt.

„Warum? – Trotzdem!“ von Dorothea Conrad

Die Autorin Dorothea Conrad beschreibt in ihrem kurzen Buch (112 Seiten) die 1990er-Jahre in der russischen Exklave Kaliningrad. Ein – wie es im Klappentext heißt – intensives Zeitdokument. Könnte durchaus interessant sein.

Warum? – Trotzdem!*
  • Dorothea Conrad (Autor)

„Wenn es sein muss, bringen wir dich zum Reden !“ von Shorena Lebanidze

Erst am 30- August erschien das Buch „Wenn es sein muss, bringen wir dich zum Reden!“. Die Investigativjournalistin Shorena Lebanidze bietet uns hier eine literarische Reportage über drei reale Ereignisse im sowjetischen Georgien.

„Dynasty Divided – Russian and Ukrainian Nationalism“ von Fabian Baumann

Im August veröffentlichte Fabian Baumann seine Dissertation. In dem Buch analysiert er anhand der Geschichte einer prominenten Kiewer Journalisten-, Gelehrten- und Politikerfamilie die Entstehung rivalisierender Nationalismen in der Ukraine des 19. Jahrhunderts.

„Tagebuch vom Ende der Welt“ von Natalja Kljutscharjowa

Tagebücher über den großen Invasionskrieg Russlands in die Ukraine gibt es schon einige. Kljutscharjowa lebt Jaroslawl und beschreibt ihre Eindrücke aus Russland. Die Tagebuchaufzeichnungen gehen von Invasionsbeginn im Februar 2022 bis etwa ein Jahr später.

„Vor den Ruinen von Grosny“ von Walter Sperling

Der Geschichtsprofessor Walter Sperling weiß, wovon er schreibt. Denn in seiner Kindheit lebte er in der UdSSR, bevor er nach Deutschland kam. In „Vor den Ruinen von Grosny – Leben und Überleben im multiethnischen Kaukasus“ erzählt er die Alltagsgeschichte der Stadt im Kaukasus.

„Ernstfall – Regieren in Zeiten des Krieges“ von Stephan Lamby

Der Journalist Stephan Lamby hat Scholz, Baerbock, Habeck und Lindner in den ersten Monaten seit Kriegsausbruch aus der Nähe beobachtet. Rausgekommen ist dabei ein 500 Seiten starkes Buch.

Ernstfall: Regieren in Zeiten des Krieges*
  • Notfall: Regieren in Kriegszeiten
  • ABIS BUCH
  • Beck CH

„Zeitenbrüche“ von Wolfgang Maderthaner

Nicht um die Zeitenwende, sondern um Zeitenbrüche geht es in Wolfgang Maderthaners Werk. Der Autor „beleuchtet fünf heute in Vergessenheit geratene, doch spektakuläre sozialrevolutionäre Aufstände in den habsburgischen Ländern seit dem späten Mittelalter“.

„Symon V. Petljura – Begründer der modernen Ukraine“ von Rudolf A. Mark

Wer sich tiefer in die ukrainische Geschichte einlesen will, für den ist vielleicht die Biografie über Symon Petljura etwas. Petljura ist der Begründer der modernen Ukraine und spielte eine wichtige Rolle in der nationalen Bewegung der Ukraine vor dem Ersten Weltkrieg. Dennoch ist er auch eine kontroverse Figur, da er für Pogrome gegen die jüdischen Bewohner der Ukraine in den Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg verantwortlich gemacht wird.

Symon V. Petljura: Begründer der modernen Ukraine*
  • Symon V. Petlyura: Gründer der modernen Ukraine
  • ABIS_BUCH
  • Gelb

„Der »europäische Orient« – Transnationale und transatlantische Bilder vom »Balkan«, 1850-1918“ von Eva Tamara Asboth

Zugegeben, mit 45 Euro ist „Der »europäische Orient«“ nicht gerade günstig. Die Autorin beschreibt, wie Bilder vom »Balkan« mit orientalisierten Vorstellungen angereichert oder davon abgegrenzt werden und zeigt, wie die regionale Geschichte von Widersprüchen geprägt ist.

„Entscheidung in Kiew – Ukraine Lektionen“ von Karl Schlögel

Karl Schlögels 2015 erschienenes Buch „Entscheidung in Kiew“ ist nun in einer aktualisierten und erweiterten Neuausgabe erschienen. In diesem Buch porträtiert er Städte wie Donezk, Odessa, Kiew, Charkiw und Mariupol.

„Pariser Vorlesungen über die slavische Literatur und ihre Kontexte“ von Adam Mickiewicz

Dieses Buch ist vermutlich eher etwas für Angestellte, um die Universitätsbibliothek für ihre Studenten zu bereichern. Das Werk hat gute 1600 Seiten und kostet satte 249 Euro. Darin befinden sich die Vorlesungen des berühmten polnischen Nationaldichters. Mickiewicz analysiert dabei mehrere Epochen und arbeitet die poetischen und ideengeschichtlichen Qualitäten der Werke heraus.

Osteuropa Bücher
Mickiewicz-Denkmal in Warschau (Foto: Markus Bingel)

„Polen im 21. Jahrhundert: Angekommen im europäischen Gemeinwesen – oder unterwegs auf nationalistischen Sonderwegen?“ von Reinhold Vetter

So, und jetzt kommt noch recht spezielle Fachliteratur. Da wäre etwa „Polen im 21. Jahrhundert: Angekommen im europäischen Gemeinwesen – oder unterwegs auf nationalistischen Sonderwegen?“ von Reinhold Vetter. Er wirft einen genaueren Blick auf unseren östlichen Nachbarn und untersucht die Gründe und Ursachen, die zu den Konflikten zwischen der EU und Polen führten.

„Deutschland und Polen – Die Geschichte der amtlichen Beziehungen“ von Enrico Wald und Urs Unkauf

Und der Vollständigkeit halber noch ein Buch über Polen. Die beiden Autoren Seewald und Unkauf beschreiben mehrere Jahrhunderte (amtliche) Beziehungen zwischen Deutschland und Polen. Das Buch bietet viele Illustrationen und Faksimile. Im Mittelpunkt des Bandes stehen Angaben zu den amtlichen Vertretungen, ihren Dienstgebäuden und Persönlichkeiten sowie Schilderungen ihrer Tätigkeit. Denn in der mehr als tausendjährigen Geschichte zwischen Deutschland und Polen gab es nicht nur Krieg, sondern auch Verständigung und Austausch.

Osteuropa Bücher: Romane und Belletristik

Hier möchten wir mal die Romane kurz vorstellen, die im August 2023 erschienen sind und mehr oder weniger einen Bezug zu Osteuropa haben. Osteuropäische Romane haben stets eine besondere Faszination ausgeübt, sind geprägt von lebendigen Charakteren, fesselnden Handlungssträngen und oft einem Hauch von Melancholie. Die jüngsten literarischen Beiträge aus dieser Region sind keine Ausnahme und entführen den Leser in Welten, die von traditionellen Dörfern bis zu pulsierenden Metropolen reichen. Dabei sind nicht nur Autoren aus Osteuropa, sondern auch aus dem Westen, die über Osteuropa schreiben.

Beben in uns*
  • Malecki, Jakub (Autor)

„Beben in uns“ von Jakub Małecki

Da haben wir zum Beispiel „Beben in uns“ von Jakub Małecki. Im Buch geht es um zwei Familien, deren Schicksal sich kreuzt. Es spielt kurz nach Kriegsende in der polnischen Provinz. „Unaufgeregt und fern jeder Sensationslust, fein und poetisch, erzählt Małecki von Menschen, die mit sich und der Welt hadern und deren ländliches Leben vom Wechselgang der Geschichte tief beeinflusst wird. Mit dem für ihn typisch empathischen Blick lässt uns Małecki seinen Figuren nahekommen“, heißt es in der Buchbeschreibung.

„18 Kilometer bis Ljubljana“ von Goran Vojnović

Nach Slowenien geht es in dem Buch von Goran Vojnović. Seine Hauptfigur Marko kehrt – eher widerwillig – in seine alte Heimat zurück. Vorher war er bei den Großeltern in der bosnischen Provinz. Seine Freunde sind mittlerweile Junkies oder zum Islam konvertiert, sein Vater hat einen Tumor, der ihn nicht interessiert. Zudem hat Marko noch eine unglückliche Liebe hinter sich und versucht dort, wo er nie zu Hause war, seinen Platz zu finden.

„Der alte Jude und das Meer“ von Ivan Ivanji

In „Der alte Jude und das Meer“ geht es um den Gymnasiallehrer Aaron. Er lebt ein unspektakuläres Leben im jugoslawischen Belgrad. Bis er mit von einem Fremden am Meer angesprochen wird und mit Frau und Sohn ein Häuschen am Meer bezieht, um eine Sommerakademie für Wissenschaftler zu leiten. Doch dann passiert etwas: Sein Sohn gerät in Schwierigkeiten. Der Fremde vom Meer hilft aus, doch Aaron steht nun in seiner Schuld… Klingt doch schon mal recht interessant, finde ich.

Mama Odessa: Roman*
  • Mama Odessa: Roman
  • Marke: Kiepenheuer & Witsch GmbH
  • Farbe: Yellow

„Mama Odessa“ von Maxim Biller

Im Roman „Mama Odessa“ geht es um eine russisch-jüdische Familie aus Hamburg. Der Autor erzählt eine kluge, schöne und wahrhaftige Geschichte über einen Sohn und seine Mutter, die beide Schriftsteller sind. Biller spannt dabei einen Bogen vom Odessa des Zweiten Weltkriegs über die spätstalinistische Zeit bis in die Gegenwart. Das Buch hat auch schwere Themen wie das Nazi-Massaker an den Juden in Odessa 1941, doch bei aller Schwere „scheint ständig ein schönes, helles Licht durch die Zeilen dieses oft tieftraurigen, außergewöhnlichen Buchs“.

„Verdunstung in der Randzone“ von Ilija Matusko

Ilija Matuskos Erstlingswerk spielt in Bayern. Dort betreiben seine Eltern eine Gastwirtschaft. Ilija will aufs Gymnasium wie seine Freunde und so entkoppelt er sich von seinen Eltern. Besonders, als sein Vater zurück nach Kroatien geht. Das Buch beschreibt persönliche Erinnerungen des Autors mit soziologischen Beobachtungen. „In zehn essayistischen Kapiteln erzählt er die Geschichte eines Bildungsaufsteigers – mit wachem Blick für die feinen Unterschiede, mit Witz und literarischer Schlagkraft“, heißt es in der Beschreibung.

Bis wir Wald werden: Roman*
  • Mattausch, Birgit (Autor)

„Bis wir Wald werden“ von Birgit Mattausch

Von Titel und Autor hätte ich nicht auf ein osteuropäisches Thema geschlossen. Es ist ein Familienroman. Nanush lebt mit ihrer Urgroßmutter Babulya zusammen. Diese hatte Nanush als kleines Kind einst von Sibirien nach Deutschland getragen. Es geht aber nicht nur um die beiden, sondern die ganze Hausgemeinschaft. Darunter Oma Elsa, die weder Hochdeutsch noch Russisch spricht, Felek, die aus Kurdistan geflüchtet ist, Vitali, der sich von seinem Hund beschützen lässt, und Gregorij, der weiß, wie man Sonnenblumenkerne im Mund schält.

Der Mittelpunkt all der Geschichten von Babulya ist lange die Küche in der Hausgemeinschaft. „Was bedeutet es für die Hausgemeinschaft und was bedeutet es für Nanush, wenn die Hüterin ihrer Erinnerungen eines Tages nicht mehr da ist?“, heißt es in der Buchbeschreibung. Das Buch erzählt „bildstark vom Wurzel schlagen auf betoniertem Terrain“.

„Demut“ von Szczepan Twardoch

„Demut“, ein Roman des polnischen Schriftstellers Szczepan Twardoch ist bereits vor anderthalb Jahren in deutscher Sprache erschienen. In diesem Monat kam nun die Taschenbuch-Variante davon raus. Es spielt in Berlin nach dem Ersten Weltkrieg. Alois Pokora lässt sich von der soghaften neuen Freiheit erfassen, gerät in die Berliner Halbwelt und trifft sogar Rosa Luxemburg. Später flüchtet er in seine Heimat nach Schlesien, das sich sehr verändert hat. Dort trifft er seine Liebe aus Berlin, Agnes, wieder – und gerät zwischen alle Fronten.

„Das Südliche Mangaseja“ von Kior Janev

In den Nordwesten Sibiriens entführt uns der Philologe Kior Janev in seinem Werk „Das Südliche Mangaseja“. Wenn ich mir den Klappentext durchlese, scheint das Buch ins Genre der Fantastik zu gehören. Hauptfigur ist ein Student, der durch ein „bunt schillerndes Kaleidoskop des 20. Jahrhunderts schreitet“. Es ist in einer Sprache geschrieben, die zwischen Poesie und Prosa liegt, erzählt von über 100 Filmen aus einem Jahrhundert Filmgeschichte, russischer Geschichte, beginnend in den 1930er-Jahren. Könnte was eher Spezielleres sein.

Das Südliche Mangaseja*
  • Janev, Kior (Autor)

„Radio Sarajevo“ von Tijan Sila

Autobiografisch wird es wieder in Tijan Silas „Radio Sarajevo“. Es beschreibt den Krieg 1992, den der Autor als zehnjähriger Junge miterlebt und überlebt hat. Im Klappentext heißt es: „Seine Geschichte ist eine Geschichte des Unerwarteten. Sie erzählt davon, wie Dichter zu Mördern werden und Mörder zu Helden. Sie erzählt von Menschen, denen jede Menschlichkeit jäh genommen wurde, und von den Spreißeln, die der Krieg im Hirn jedes Überlebenden hinterlässt.“

„Die Spur der Kinder“ von Thomas Roser

Und noch ein Buch, das auf den ersten Blick nicht unbedingt nach Osteuropa aussieht. Es ist der zweite Balkan-Krimi von Thomas Roser, in dem die Hauptfigur Walter Kühn ermittelt. Kühn ist auf der Suche nach zwei verschwundenen Kindern in der serbischen Hauptstadt Belgrad.

„Die andere Vergangenheit“ von Vinko Möderndorfer

Im Roman „Die andere Vergangenheit“ geht es in das Dorf Dolina nach Slowenien. Dort haben die reichen Deutschen das Sagen, die slowenischen Bauern und Arbeiter sind aber in der Mehrzahl – und stellen den Bürgermeister. Das Buch umspannt die 1920er-Jahre, die Nazi-Zeit, die kommunistische Herrschaft und die Wende. Dabei entstehen „eindringliche Bilder aus dem Alltag von Dolina, in dem politische Konflikte, aber auch Liebe und Verrat tiefe Spuren hinterlassen“.

Die andere Vergangenheit*
  • Möderndorfer, Vinko (Autor)

„Das Gedächtnis der Töchter“ von Irene Langemann

Wieder nach Sibirien geht es in „Das Gedächtnis der Töchter“, diesmal in das Jahr 1969. Die elfjährige Vera will mehr über ihre Vergangenheit erfahren. Ihre Vorfahren waren strenggläubige Mennoniten, die Anfang des 19. Jahrhunderts aus Westpreußen nach Russland ausgewandert sind, in das Gebiet der heutigen Ukraine. Sechs Generationen umspannt das Buch, und beschreibt, wie die deutsche Familie im krisengebeutelten Russland Wurzeln schlägt. Ein Roman über die Suche nach Identität in der Fremde.

„Das Pferd im Brunnen“ von Valery Tscheplanowa

Wieder autobiografisch wird es in „Das Pferd im Brunnen“ von Valery Tscheplanowa. Die Hauptfigur Walja ist auf Spurensuche, um zu verstehen, wo sie selbst herkommt. Sie lebt in zwei Welten, einmal in einem norddeutschen Dorf an der B77, andererseits in der Wohnung ihrer Kindheit in Kasan, zu der sie nach dem Tod ihrer Großmutter zurückkehrt. Die Autorin beschreibt, wie es im Klappentext heißt, eine „ihre ganz eigene leuchtende, bildstarke Erzählweise, intensive Momentaufnahmen fügen sich zu einer großen Geschichte über vier starke Frauen im Russland des 20. und 21. Jahrhunderts“.

„Die blaue Grenze“ von Konstantin Ferstl

Und zuletzt haben wir da noch „Die blaue Grenze“ von Konstantin Ferstl. Wieder ein Familienepos. Es geht um den Komponisten Fidelis Lorentz, der über Sibirien nach Pjöngjang zu seiner großen Liebe J. reist. Gedanklich reist er dabei in die Vergangenheit, zu seinem Urgroßvater, einem Träumer aus dem Bayerischen Wald, zu seiner Großmutter, die nichts von Heiligen hielt, zum Großvater, der Berufssoldat in der Wehrmacht war.

Alle waren tief von der Härte des 20. Jahrhunderts geprägt, und doch rebellierten sie auf ihre Weise gegen die provinzielle Enge und die Erwartungen an sie. In Nordkorea muss sich Fidelis dann seiner Gegenwart und Zukunft stellen. Außer, dass die Hauptfigur durch Sibirien fährt, sehe ich keinen Osteuropabezug, aber vielleicht gibt ja jemanden unter euch, den das Buch interessiert.

„Frühstück am Rande der Apokalypse“ von Wladimir Kaminer

Und zu guter Letzt hat der russische Erfolgsautor Wladimir Kaminer im August auch ein neues Buch herausgebracht. Die Bücher, die ich von ihm gelesen habe, fand ich immer klasse. Er vermischt ja immer Privates mit den großen Ereignissen der (Sowjet)Welt. Laut Klappentext will der Autor uns etwa erklären, was Familienalltag und Weltuntergang, globale Krise und Mutters Kreuzworträtsel sowie Putin und Pilzsaison gemeinsam haben.

Frühstück am Rande der Apokalypse*
  • Frühstück am Rande der Apokalypse
  • Farbe: Yellow
  • Kaminer, Wladimir (Autor)

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Thomas Leurs hat in Heidelberg und Köln Slawistik studiert und arbeitet als Journalist. Er arbeitet als Redakteur bei der Rhein-Zeitung im nordwestlichen Teil von Rheinland-Pfalz. Seine Leidenschaft ist das Lesen – vor allem Bücher zu osteuropäischen Themen. Auf Twitter gibt er durch seine Rezensionen Einblicke in Kultur, Geschichte und Politik und der Region.

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