Nachdem wir euch die Karpaten und Transkarpatien bereits ausführlich vorgestellt haben, zeigen wir euch heute die Bewohner dieses einzigartigen Landstrichs. Schon die berühmten ukrainischen Literaten Lesja Ukrajinka und Iwan Franko waren fasziniert von der Lebensweise der Huzulen, die auch heute noch ein viel traditionelleres Leben führen als Menschen in anderen Teilen Europas. Höchste Zeit also, euch mit auf eine Reise ins Huzulenland zu nehmen und euch dieses mysteriöse Volk einmal genauer vorzustellen.
Wer sind die Huzulen und wo leben sie heute?
Die Huzulen sind ein Bergvolk, das in den Karpaten lebt. Sie siedeln in der Grenzregion zwischen der Ukraine und Rumänien in den Tälern der Flüsse Pruth und Tscheremosch (die schönsten Orte im Land der Huzulen stellen wir euch weiter unten vor). Heute gibt es auf ukrainischer Seite noch etwa 60.000 Huzulen, die um Kossiw, Werchowyna und Rachiw an der rumänisch-ukrainischen Grenze leben. Auf der rumänischen Seite sind es deutlich weniger.
Mit der Kultur der ukrainischen Mehrheitsgesellschaft hat das Leben der Huzulen nur wenig gemeinsam. Genau wie die benachbarten Boiken und Lemken haben die Huzulen eine eigene Sprache, eigene Musik, eigene Traditionen und Trachten. Auch innerhalb der huzulischen Community gibt es Unterschiede, beispielsweise sprechen Huzulen in den Karpaten einen anderen Dialekt als ihre Verwandten in Transkarpatien. Auch ihre Kleidung unterscheidet sich in Bezug auf ihre Farben und Muster. Ältere Huzulen können beispielsweise noch heute heute auch auf größere Entfernung einen traditionell gekleideten Huzulen anhand seiner Tracht einem bestimmten Dorf zuordnen.
Schafzucht und Forstwirtschaft sind heute noch die wichtigsten Betätigungsfelder der Huzulen. Schafe und ihre Erzeugnisse (Wolle, Milch, aber auch Milcherzeugnisse wie Urdu und Brynza) spielten und spielen eine wichtige Rolle für das wirtschaftliche Überleben ganzer Familien, wie wir weiter unten noch sehen werden.
Welche Rolle spielen traditionelle Lebensweisen im Leben der Huzulen heute noch?
Um die Frage kurz zu beantworten: eine große Rolle. Alle Feste wie Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen werden auf traditionelle Weise gefeiert und diese Traditionen werden noch immer weitergegeben. Oder, wie Sascha Ihnatyuk es beschreibt „Man könnte es sogar so ausdrücken, dass unser Leben eine Tradition ist“. Natürlich hat auch die moderne Welt inzwischen im Leben der Huzulen Einzug gehalten. Das liegt vor allem daran, dass viele junge Huzulen mittlerweile in Iwano-Franwisk, Lemberg und an anderen Orten im Land studieren und arbeiten und dort natürlich nicht in der traditionellen Huzulen-Tracht ins Büro oder die Uni gehen. Eine Entwicklung, die auch anderswo und längst nicht nur in der Ukraine zu spüren ist.
Die Geschichte der Huzulen
Die Huzulen lebten jahrhundertelang abgeschnitten von der Außenwelt ein relativ ungestörtes Leben. Die huzulische Kultur konnte sich auch deshalb so lange ihre Eigenständigkeit bewahren, da die Karpaten lange abgeschnitten waren und viele Menschen hoch in den Bergen wohnten.
Je mehr die Huzulen in den Kontakt mit der Außenwelt kamen, desto mehr stellten sich auch Probleme wie die Unterdrückung durch Großgrundbesitzer ein. Durch die polnischen Teilungen geriet das Siedlungsgebiet der Huzulen unter österreichische Kontrolle. Damals nannten sich die Huzulen einfach „Christen“ oder „Bewohner der Berge“. Viele Huzulen verließen damals ihre Heimat, zogen in die Städte oder gleich nach Übersee. In den vergangenen Jahrhunderten zog es viele aber auch in die Täler der Flüsse Pruth und Tscheremosch, wo sie ebenfalls stärker in Kontakt mit der modernen Welt kamen.
Es kam in der Folge immer wieder zu Aufständen in der Region, die häufig ihre Herrscher wechselte. Als das Gebiet nach dem Ersten Weltkrieg Teil Ungarns werden sollte, starteten sie einen Aufstand und zogen gemeinsam mit ukrainischen Truppen in den Kampf, wurden letztlich aber von rumänischen Truppen geschlagen. Fortan war das huzulische Siedlungsgebiet zwischen der Tschechoslowakei, Polen, Rumänien, später auch Ungarn, aufgeteilt. Diese turbulenten Zeiten hatten aber auch einen kleinen wirtschaftlichen und kulturellen Boom in der Region zur Folge, dem der Zweite Weltkrieg ein jähes Ende setzte. Nach dem Zweiten Weltkrieg verleibte sich die Sowjetunion die Gebiete komplett ein, mit Ausnahme des Teils, der heute noch zu Rumänien gehört.
Zu Sowjetzeiten wurde die huzulische Kultur bestenfalls belächelt, aber nicht gesondert gefördert. Seit der Erlangung der ukrainischen Unabhängigkeit kann die huzulische Kultur wieder offen gepflegt werden und heute gibt es zahlreiche Initiativen, die sich um die Belange der Huzulen kümmern.
Der EU-Beitritt Rumäniens 2007 könnte für die Kultur der Huzulen übrigens noch weitreichende Folgen haben, denn seit mittlerweile rund 15 Jahren verläuft hier die Außengrenze der EU mitten durch das Land der Huzulen. Durch den erschwerten Grenzübertritt wurden so abermals Familien von einander getrennt und ein Austausch beider Seiten wurde erschwert.
Die Kultur der Huzulen
Geister und Schamanen
Die traditionelle huzulische Lebensweise wird in keinem anderen Fall so deutlich wie in der Welt des Übersinnlichen. Früher war es selbstverständlich, im Fall einer Krankheit einen Schamanen aufzusuchen. Diesen Molfar genannten Personen werden magische Kräfte zugeschrieben und auch heute noch gibt es sie vereinzelt. Mit der griechisch-katholischen bzw. ukrainisch-orthodoxen Lehre hat das natürlich nicht viel zu tun, aber hier in den Karpaten ticken die Uhren eben anders und noch immer gibt es Menschen, die in exotisch erscheinenden Prozeduren mit Kräutern und Rauch geheilt werden sollen, genau so wie Exorzismen. Wolkenbeschwörer, Wahrsager und Zauberer sind hingegen seltener geworden.
Eine besondere Rolle spielen die Schamanen auch in dem Film „Feuerpferde“ (Originaltitel: Tini Sabutich Predkiw, wörtlich: Die Schatten der vergessenen Vorfahren) aus dem Jahr 1964. Der sowjetische Film wurde aus den Kinos verbannt, weil er nicht den Vorgaben des Staates entsprach. International wurde er aber zu einem großen Erfolg und gewann mehrere Preise. Er spielt in einem huzulischen Dorf und behandelt die tragische Liebesgeschichte zwischen Iwan und Maritschka, wobei ein Schamane eine entscheidende Rolle spielt (mehr wollen wir hier nicht spoilern, der Film ist nämlich wirklich sehenswert).
Das Leben in den Bergen
Im Land der Huzulen war Ackerbau lange unüblich, das Hüten von Schafen hingegen spielte eine überragende Rolle für das wirtschaftliche Überleben der Familien. Noch heute gibt es viele ältere Huzulen, die nur im Winter in den Tälern leben und die Sommermonate in den Bergen verbringen, wo die Schafe ausreichend Nahrung finden. Der Almauftrieb wird traditionell mit einem großen Fest im Dorf begangen. Viele Schafbesitzer geben anschließend ihre Schäfchen in die Obhut von Oberhirten, die dann einen festgelegten Milch- und Käseanteil an die Schäfer abgeben.
In den Bergen die Schäfer auch heute noch oft in Almhütten, die einfache Blockbauten darstellen. In tieferen Lagen leben die Huzulen oft in sogenannten Hraschdas, einem Geviert, das neben den Wohngebäuden auch Wirtschaftsräume umfasste. Und obwohl (oder gerade weil) die Huzulen etwas abgelegen wohnen, ist ihre Gastfreundschaft legendär. Auch ausländische Besucher werden mit offenen Armen empfangen und häufig zum Essen eingeladen, man ist stolz auf die Traditionen und möchte diese gerne auch Auswärtigen zeigen.
Huzulische Trachten
Die huzulischen Trachten haben im Leben der Huzulen eine große Bedeutung. Das Besondere ist ihre Herstellungsweise, denn sie werden alle von Hand und aus Schafswolle gefertigt. Früher wurden sogar Hosen aus Schafswolle hergestellt. Und auch wenn für Nicht-Experten die Muster und Farben, die in mühevoller Heimarbeit eingearbeitet werden, durchaus denen ukrainischer Trachten ähneln, so sind sie doch Ausdruck einer jahrhundertealten, lokalen Tradition, die es so nur hier gibt.
Die Musik der Huzulen
„Die Huzulen sind ein musisches Volk“, sagt Sascha Ihnatyuk, „das viele Instrumente spielen kann“. Und tatsächlich gibt es kein Dorffest, bei dem nicht mindestes eine Person ihr Zymbal, ihre Geige oder ihre Sopilka, eine gespaltene Flöte, auspacken würde. Und da aus den Ziegen und Schafen nicht nur Kleidung hergestellt wird, findet man oft auch die Koza, eine Art huzulischen Dudelsack. Und mittlerweile werden die handgefertigten Instrumente sogar in alle Welt exportiert und es gibt in den USA und Kanada eigene Bands, die auf den traditionellen Musikinstrumenten spielen.
Das bekannteste Instrument ist das huzulische Alphorn, die Trembita. Dieses längliche Horn wird heute hauptsächlich zu folkloristischen Zwecken gespielt, hatte früher aber eine ganz praktische Funktion. Nicht nur diente es den Schäfern als Unterhaltung während langweiliger Abende, sondern auch als Kommunikationsmittel, um weiter entfernte Schäfer oder die Hirtenhunde zu erreichen. Für die Trembitas wird Fichtenholz verwendet. Experten schwören beim Bau ihrer Instrumente auf das Holz von Bäumen, in denen zuvor der Blitz eingeschlagen hat, weil sich das positiv auf den Klang auswirken soll.
Ruslana – Und plötzlich kennt ganz Europa die Trembita
Die aus Lemberg stammende Sängerin konnte 2004 für viele überraschend den Eurovision Song Contest in Istanbul gewinnen. In ihrem Song Wild Dances setzt sie dabei auch auf huzulische Motive, ganz am Anfang ist auch eine Trembita zu hören. Mit den traditionellen Kostümen der Huzulen haben die freizügigen Outfits der Tänzerinnen und Tänzer freilich nur wenig zu tun. Und plötzlich fragten sich Millionen von Zuschauern vor dem Fernseher, welches seltsame Instrument da denn am Anfang gespielt wurde.
Myroslaw Skoryk
Myroslaw Skoryk war ein ukrainischer Komponist, der leider 2020 verstarb. Er studierte in Lemberg und Moskau Musik und arbeitete später in Kiew. Neben Violinkonzerten, Kammermusikwerken und Chorliedern war er auch bekannt für die Filmmusik zu „Feuerpferde“ und vor allem sein „Huzulen Triptychon“. In diesem Werk vereinigte er traditionelle huzulische Volksweisen mit moderner klassischer Musik und setzte so der Musik der Huzulen ein Denkmal.
Huzulische Werkzeuge und Waffen
Durch die abgeschnittene Lage waren Einflüsse von außen äußerst selten. Für die huzulische Kultur bedeutete das auch, dass sie sich lange selbst versorgen mussten. Hierzu wurden eigene Werkzeuge und Waffen hergestellt. Früher hatte jeder Huzule eine Sokyra oder Bartka an seinem Gürtel, also eine kleine Axt. Sie dienten nicht nur der Selbstverteidigung gegen Tiere oder Banditen, sondern auch als praktisches Universalwerkzeug. Im Laufe der Zeit erfüllten die Äxte dann auch dekorative Zwecke und wurden immer prachtvoller ausgestaltet. Daneben gibt es noch viele weitere Werkzeuge, die mit Verzierungen versehen wurden.
Das Malanka-Fest
Natürlich begehen auch die Huzulen Feste wie Weihnachten oder Ostern. Bekannt sind sie aber vor allem für das Malanka-Fest, das Mitte Januar das Ende des alten Jahrs feiert (gemäß dem in den Ostkirchen üblichen julianischen Kalender). Schon im Vorfeld ziehen singende Männergruppen in Tracht durch die Dörfer und werden von den Bewohnern herzlich mit Essen und Getränken willkommen geheißen, wobei viele Leckereien der huzulischen und ukrainischen Küche aufgetischt werden.
Das Fest selbst erinnert ein bisschen an die Fastnacht in Süddeutschland und der Schweiz. Man verkleidet sich und hüllt sich in teilweise gruselige Kostüme und Masken. Vor allem die Figuren des Teufels, des Todes und des Soldaten sind beliebt. Anschließend geht es durchs Dorf und wie im Süden Deutschlands treiben die verkleideten Wesen allerlei Schabernack und singen, um so das neue Jahr zu begrüßen. Einige Tage später wird noch die Taufe Jesu gefeiert, bei der Hartgesottene ein Loch in das Eis von Seen und Flüssen bohren und in das Wasser steigen. Wer schon einmal einen Winter in der Ukraine verbracht hat, weiß, dass das echt kein Zuckerschlecken ist.
Etwa zur selben Zeit – zumindest in einigen Dörfern – lassen huzulische Frauen auch Wachskreuze in der Kirche segnen, die dann an die Haustüren im Dorf geklebt werden, um böse Geister und Hexen abzuhalten.
Die huzulische Hochzeit
„Einmal im Leben sollte man eine Huzulen-Hochzeit gesehen haben“, behauptet Sascha Ihnatyuk. Womit er Recht haben dürfte, denn zu keinem anderen Anlass sieht man so vieles, was die Kultur der Huzulen so einzigartig macht. Die vielen wunderschönen Trachten sind hier nur ein Element. Das Hochzeitspaar trägt natürlich die prachtvollsten Trachten, die eigens für diesen Zweck angefertigt wurden. Sogar die Strümpfe müssen neu sein! Besonderen Wert legt man auf die Kopfbedeckung des Brautpaars. Man(n) trägt hier noch Hut, während die Braut eine in liebevoller Kleinarbeit hergestellte Haube schmückt.
Wichtig ist auch ein handgefertigtes, breites Stoffband, das kunstvoll verziert wird und auf dem das Brautpaar während der Zeremonie steht. Es wird anschließend mit nach Hause genommen und wie ein Schatz gehütet, da es die Ewigkeit des Bunds der Ehe symbolisiert. Bei den Hochzeit kommen anschließend die huzulischen Instrumente zum Einsatz und es werden traditionelle Hochzeitslieder gespielt. Der Rest erfolgt ähnlich wie sonst auch in der Ukraine und umfasst ein mehrtägiges Festessen, bei dem sich die Tische biegen und reichlich Horylka fließt. Dann wird oft auch mit auch mit dem Arkan begonnen, einem traditionellen huzulischen Tanz.
Die Huzulen und ihre Tiere
Der Name Huzule bezeichnet nicht nur einen Angehörigen des Volks der Huzulen, sondern auch eine Ponyrasse. Die meist dunklen Rosse gelten als robust, langlebig und kräftig und haben einen freundlichen Charakter. In den Karpaten waren die Pferde für die Menschen überlebenswichtig und immer schon treue Begleiter eines jeden Huzulen. Die Pferde gelten als äußerst gesellig, treu und kinderfreundlich. Früher lebten die Vorgänger der Huzulen-Pferde wild in der Natur, ehe sie im 19. Jahrhundert unter österreichischer Herrschaft domestiziert und mit anderen Rassen gekreuzt wurden. Die Huzulen nutzen die Vorfahren der heutigen Huzulenpferde da freilich schon jahrhundertelang als Nutzpferde. Die Huzulenpferde entwickelten sich nach der Kreuzung zum Exportschlager und werden mittlerweile auch in Rumänien, Polen, Ungarn und der Slowakei gezüchtet.
Aber auch andere Tiere wie Schafe und Kühe fanden und finden sich auch heute noch auf fast jedem Hof, stellten sie doch früher das Überleben der Familie sicher und dient der Verkauf ihrer Produkte heute doch zumindest als Nebenverdienst. Noch immer lebt man hier im Einklang mit der Natur und versucht, das Tier gut zu behandeln und es nach dessen Ableben komplett zu verwerten. Die Liebe der Huzulen zu ihren Tieren ging früher sogar so weit, dass man an Weihnachten immer zunächst die Tiere im Stall fütterte, ehe man das Weihnachtsessen auftischte.
Die Sprache der Huzulen
Ob Huzulisch eine eigene Sprache oder ein Dialekt ist, darüber scheiden sich die Geister. Huzulisch ist eng mit dem Ukrainischen verwandt, es gibt aber auch zahlreiche Wörter aus dem Rumänischen, die es in den huzulischen Sprachkanon geschafft haben. Im Lauf der Zeit sah sich das Huzulische starken Assimilierungstendenzen ausgesetzt, konnte sich aber bis heute seinen eigenen Charakter erhalten und ist nicht bloß ein von wenigen Liebhabern gesprochener Dialekt, sondern fester Bestandteil der Alltagskultur. Auch hier spürt man allerdings die Auswirkungen der modernen Welt auf die Kultur der Huzulen. Dank Internet, Studium in anderen Landesteilen und dem Fernsehen nimmt die Zahl der Huzulischsprecher leider tendenziell immer weiter ab.
Oleksa Dowbusch – Der huzulische Robin Hood
Eine wichtige Rolle in der Geschichte der Huzulen spielten die sogenannten Oprischken. Sie waren Räuberbanden, die vom Überfall auf Handelskarawanen lebten, aber auch Adelsgehöfte angriffen. Da sie sich lange dem polnischen und österreichischen Militärdienst widersetzen konnten und ihre Beute oft mit der armen Bevölkerung teilten, waren die guerillaartig vorgehenden Oprischken in der Bevölkerung sehr beliebt. Ihr bekanntester Vertreter war der legendäre Oleksa Dowbusch. Er lebte im 18. Jahrhundert und verstand sein Handwerk. Seine Reichtümer teilte er teilweise mit der Bevölkerung, aber einen Teil der Beute soll er verzaubert und in den Karpaten versteckt haben. Vielleicht habt ihr bei einer Wanderung ja Glück und stoßt auf Dowbuschs Schatz …
Dowbusch wurde später in zahlreichen Liedern besungen und spielt auch in der polnischen und rumänischen Folklore eine wichtige Rolle. Er konnte übrigens nie geschnappt werden. Wie es sich für einen waschechten Outlaw gehört, entging er dem Strang und starb er eines anderen Todes: Er hatte eine Geliebte und wurde von deren aufgebrachtem Ehemann ermordet. Heute erzählt man sich noch immer Geschichten über den huzulischen Robin Hood, dem der große ukrainische Literat Iwan Franko ein eigenes Werk widmete. Mehrere Straßen in der Ukraine tragen seinen Namen, aber auch die Dowbusch-Felsen sind nach ihm benannt. In ihnen soll sich Dowbusch versteckt haben. Heute sind sie eine beliebte Touristenattraktion, liegen allerdings nicht im Huzulenland.
Sehenswerte Orte im Land der Huzulen
Werchowyna
Werchowyna am Tschornyj Tscheremosch verfügt über viele Hotels und andere Gästeunterkünfte sowie einige der schönsten Museen in den Karpaten. Im Museum für die Kultur der Huzulen könnt ihr alles über diese ethnische Gruppe erfahren, die hier in den Bergen lebt und ihren eigenen Dialekt spricht. Im Museum der Musikinstrumente könnt ihr euch die für die Karpaten typischen Instrumente wie die Trembita vorführen lassen oder diese selbst spielen. Spannend ist auch das Museum der Magie der Huzulen. Hier erfahrt ihr viel über die huzulischen Magier und Schamanen, die trotz der tiefen christlichen Gläubigkeit der Huzulen immer noch ihre Anhänger haben.
In der Nähe des Zentrums betreibt Sascha Ihnatyuk auch seine Forellenfarm, die ihr gerne besuchen könnt. In der Fazenda Fishbone könnt ihr selbst angeln und euch danach den Fisch auf huzulische Art mit lokalen Beilagen wie einer huzulischen Polenta zubereiten lassen. Außerdem könnt ihr hier auch übernachten.
Die Mitte Europas
Südlich von Rachiw liegt die Mitte Europas! Zumindest, wenn es nach Hauptmann Netuschill geht, dem österreichischen Vermessungsexperten, der die Mitte Europas hier 1887 verortet hat. Interessanterweise gibt es gleich eine ganze Reihe an Ländern, die die Mitte Europas für sich beanspruchen. Geographen kamen schon auf die Idee, Dresden, ungarische Dörfer, ein Grundstück auf Saaremaa und ein Dorf in Litauen zum Mittelpunkt unseres Kontinents zu erklären, je nachdem, was man zu Europa zählt. Und auch Rachiw schmückt sich daher mit diesem Titel, woran ein auf Latein beschriftetes Sandsteindenkmal und direkt daneben eine moderne Edelstahlkonstruktion erinnern.
Kossiw
Kossiw gilt als inoffizielle Hauptstadt der Huzulen und ist vor allem für seinen Markt bekannt. Unzählige Stände mit Teppichen, Instrumenten, Schafskäse, Kunsthandwerk, Honig und anderen Lebensmitteln – das alles und noch viel mehr findet ihr auf dem Handwerkermarkt der Stadt. Jeden Samstagmorgen kommen Verkäufer von teilweise mehreren Hundert Kilometern entfernt, um ihre handgemachten Produkte zu verkaufen. Die Preise sind niedrig und ihr könnt hier echte ukrainische Schmuckstücke erwerben.
Nationalpark Huzulenland
Ein echtes Paradies für Wanderer ist der Nationalpark Huzulenland, der 2002 eingerichtet wurde. Auf einer Fläche von 32.000 Hektar gibt es hier rund um die Flüsse Lutschka, Pistinka, Rybnitsa, und Tscheremosch Wasserfälle, einen Arboretumpark, einen Schwanensee, pittoreske Fels- und Waldlandschaften und vieles mehr zu entdecken. Der Nationalpark umfasst auch ein Schutzgebiet, in der sich die Natur ungestört entwickeln kann. Über 2000 verschiedene Tierarten leben hier, darunter Braunbären und Waldkatzen. In speziell ausgewiesenen Gebieten befinden sich mehrere Hotels, Ferienhäuser und Campingplätze, in denen ihr euren Urlaub verbringen könnt.
Buchtipps
- Kaindl, Raimund Friedrich (Autor)
In diesem Nachdruck aus dem Jahr 1894 erfahrt ihr alles über das traditionelle Leben der Huzulen. Unverfälscht erhalten ihr so einen Blick darauf, wie die Huzulen früher lebten.
Ihr wollte die ukrainischen Karpaten und andere Teile des Landes erkunden? Dann empfehlen wir euch diesen Reiseführer, der euch auf satten 732 Seiten das Land in all seinen Facetten präsentiert.
Wie hat euch unser Ausflug ins Land der Huzulen gefallen? Lasst es uns gerne wissen und schreibt uns einen Kommentar! Und folgt uns gerne auf Facebook oder Pinterest, um immer die neuesten Artikel zu sehen. Vielen Dank an meine gute Freundin Nadya Plikhtyak für ihre zahlreichen Hinweise, an Maryna Domanska für die Fotos und insbesondere an Sascha Ihnatyuk für das Interview und die vielen Infos!
Ein schöner Beitrag. Von den Huzulen habe ich noch nie gehört, wobei sich die Bräuche denen unserer Bergleute zum Teil ähneln. Ich weiß, kein Huzule hört das gern, aber bei den Trachten kann ich kaum Unterschiede zu den ukrainischen Traditionstrachten erkennen 🙂 Wie auch immer, der Bericht hat mich wieder daran erinnert, dass ich mal wieder bezüglich meiner teils ukrainischen Herkunft nachforschen könnte 😉
Liebe Grüße
Kasia
Hallo Kasia,
ich hatte auch mal eine Unterrichtsstunde, in der mir die Unterschiede zwischen den Trachten der einzelnen Regionen erklärt wurden. Als Laie steigt man da natürlich überhaupt nicht durch und auch für mich sehen die alle ähnlich aus. Aber für die Menschen vor Ort spielen sie eine große Rolle und sind ein wichtiger Ausdruck ihrer Identität 🙂 Danke für dein Kompliment, ich wünsch dir ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße
Markus
ein sehr informativer Beitrag, ich kannte keine Huzulen…macht Lust auf Reisen….
Hallo Karin,
vielen Dank 🙂 Ja, das geht den meisten so. Eine gute Freundin von mir ist Huzulin, daher bin ich auf das Thema gestoßen.
Viele Grüße
Cordelia
Bin in einer. Fernsehsendung aufmerksam gemacht worden und seither schwer begeistert!Ich habe seit Kindheit mich für die Indianer begeistert,Nord und Süd,500 Bücher gekauft,bin 72 Jahre alt. Aber jetzt auf die Huzulen orientiert.Der Bericht hier ist hervorragend und am liebsten würde ich noch ganz viel erfahren.Ich sticke selber hervorragend und lerne und sammle….Ich möchte in den Bibliotheken und im Haus der Kulturen der Welt(Berlin)forschen.Am liebsten noch mit einem Dorf schreiben.DANKE für diesen Bericht
Liebe Cordelia,
vielen Dank für deinen netten Kommentar und das Lob. Ich finde die Huzulen auch sehr faszinierend. Ich wünsche Dir bei deinen Nachforschungen viel Erfolg und alles Gute!
Markus
Ich habe den „Kauderwelsch Band 79“ in meiner ReiseSchublade gefunden, aus dem Jahr 2004. Weiß-der-Himmel, weshalb ich ihn damals kaufte?! „Ukrainisch Wort für Wort“. Vielleicht als Erinnerung, dass ich 1980 bis kurz vor der sowjetischen Grenze radelte und nach Süden biegen musste. „Karpaten“ wirken magisch auf mich.
Nirgends in Europa ist eine ursprüngliche Kultur erhalten geblieben, wenn nicht dort, wo nur ganz wenige Straßen durch die Bergwelt ziehen. Ich will dorthin! Und giere nach jeder Info.