Der Nordwesten Aserbaidschans
Der Nordwesten Aserbaidschans liegt an den Südhängen des Großen Kaukasus, dessen schneebedeckte Gipfel die Grenze zu Russland markieren. Die hohen Berge, das milde Klima und das waldige Grün machen die Region zu einer der attraktivsten Gegenden Aserbaidschans. Besonders beliebte Ziele sind die Stadt Şəki (Scheki) mit ihrem Khan-Palast sowie das abgelegene Bergdorf Lahıc mit alten Kupferschmieden und Kopfsteingassen. Historisch gesehen bestand die Region einmal aus drei Khanaten, dem großen und mächtigen Şəki, dem nördlichen Balakən und dem winzig kleinen Ilisu.
Şəki (Scheki) – Historische Stadt mit Khanspalast und Seidenfabrik
Wir wollen euch heute die Stadt Şəki im Nordwesten Aserbaidschans vorstellen. Die Stadt liegt 350 km westlich von Baku und hat etwa 64.000 Einwohner. Şəki ist vermutlich die älteste Stadt Aserbaidschans und unbedingt eine Reise wert. Von Wäldern umgeben breitet sich die Stadt Şəki (sprich: Scheki) wie ein Amphitheater an den Südausläufern des großen Kaukasus aus. Mit ihrem milden Klima, dem Khan-Palast, der Seidenproduktion, berühmten Süßigkeiten, einer wiederbelebten Weinkultur und Übernachtungsmöglichkeiten in einer alten Karawanserei gleicht sie einem orientalischen Kurort und bietet sich als Wochenendausflug von Baku an, aber auch für einen längeren Aufenthalt.
Im Juli 2019 wurden die Altstadt von Şəki und der Khanspalast in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. So wird die Bedeutung dieser historischen Stadt noch mehr hevorgehoben und ein Ausflug nach Şəki sollte unbedingt auf dem Programm eines Aserbaidschan-Aufenthaltes stehen. Beliebte Ziele in der Umgebung von Şəki sind die Museumskirche im Dorf Kiş und der Berg Marxal.
Man könnte dorthin mit dem Zug über Nacht fahren. Obwohl ich großer Fan von Zugreisen bin, fuhr ich mit dem Bus von Baku, sah etwas von der Landschaft und kam relativ zentral in der Stadt auf dem Busbahnhof an.
Etwas zur Geschichte von Scheki
Die Geschichte Şəkis reicht über 2000 Jahre zurück. Bevor es 1805 von Russland einverleibt wurde, war Şəki (damals Nukha) Hauptstadt eines eigenständigen Khanats. Zu dessen Verteidigung ließ Khan Haci Çeləbi zwei Festungen errichten. Von der nördlicheren bei Kiş aus verteidigte er sich im 18. Jahrhundert erbittert gegen die anrückenden Perser. Als Nadir Schah sich wunderte, wer es wagte, sich ihm zu widersetzen, antwortete Çeləbi der Legende nach „Komm und sieh!“, („Gələrsen görərsən“), was der Festung ihren bis heute gültigen Namen eintrug. Scheki selbst ging 1772 in den Fluten des Kiş-Flusses unter und wurde in der Nähe der zweiten Festung des Khans als Nukha neuerrichtet.
Erst 1968 wurde Nukha wieder in Şəki umbenannt. Drei große Karawansereien zeugen bis heute von der Bedeutung, die Şəki als Handelsplatz zwischen Dagestan und der südlich verlaufenden Handelsroute einst besaß. Eine besondere Rolle spielte dabei die in Şəki produzierte Seide (ipek, im Şәki-Dialekt „ipeç“ ausgesprochen), eine begehrte Ware auf den Stationen der Seidenstraße. In der Sowjetära entstand in Şəki die größte Seidenfabrik der UdSSR (damals Lenin-Kombinat) mit über 7000 Arbeitern. Nach ihrem Zusammenbruch in den 1990er-Jahren wurde die Seidenproduktion mittlerweile wiederbelebt und ist wieder voll funktionsfähig. Wie die bei Touristen beliebten Schals und Tücher hergestellt werden, kann man nach Anmeldung (Tel. +994/(0)24/2461847) dort live erleben.
Sehenswürdigkeiten in Scheki
Şəki ist eine langgezogene Stadt, die gen Norden zunehmend attraktiver wird. Zwischen Busbahnhof und Altstadt liegt das moderne Zentrum mit dem Basar. Ich bin selbst zu Fuß im Zentrum unterwegs gewesen und für längere Distanzen mit der Marschrutka (Kleinbus) oder dem Taxi.
Entdeckungen auf dem Weg nach oben
Vom Zentrum führt ein beschaulicher Weg entlang des Quriançay-Flusses und attraktiver Altstadtfassaden zu Karawansereien, Festung und Palast. Es geht aber doch steil bergan. Ein Spaziergang dorthin lässt sich gut mit Şəkis Halva versüßen, eine rosa Baklava-Spezialität aus Honig und Nüssen, die entlang des Flusses verkauft wird. Der beste Halva-Laden befindet sich auf der rechten Flussseite, gegenüber der Schachschule, in einem weißen Haus.
Die großen Karawansereien aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden bislang nur teilweise wiederbelebt. Während sich in einer ein beliebtes Hotel befindet, werden in einer anderen, neben dem Çingiz-Klub mit Kino und Ausstellungen, derzeit Souvenirs verkauft.
Zu erwähnen wäre noch der Bio Garden Sheki. Dieser wurde 2009 gegründet und umfasst 8 Hektar. Infos dazu findet ihr hier. Der Plantagenbesitzer führt seine Gäste persönlich durch seinen Besitz und erläutert die Obstsorten. Man kann auch Obst pflücken und kosten. Die Plantage ist außerdem ein Refugium für Enten, Gänse und verschiedene Hühnervögel aus aller Welt.
Festung und Khan-Palast
Wenige Fußminuten nordöstlich vom Karawanserei-Hotel steht die historische Festung mit dem Palast und zahlreichen Museen. Der Khan-Palast (Xan Saray), die wohl berühmteste Attraktion Şəkis, wurde Ende des 18. Jahrhunderts im osmanischen Stil und angeblich ohne einen einzigen Nagel erbaut. Sie war die Sommerresidenz der Khans von Şəki. Dabei ist das Gebäude mit gerade einmal acht Metern Tiefe erstaunlich klein. Unter der Leitung der Denkmalpflege Mecklenburg wurde es um 2000 sorgfältig restauriert, und so kann man sich voll und ganz dem Farbrausch der naiv-realistisch ausgemalten Residenz hingeben. Eine Besichtigung erlaubt einen interessanten Einblick in die Welt des Orients im Khanat Şəki. Leider darf man innen im Palast nicht fotografieren oder filmen.
Die hohen Türschwellen dienten der Wärmedämmung, verleiten jedoch im gedämpften Licht der bunten Şəbəkə-Fenster leicht zum Stolpern. Der zentrale Raum im Obergeschoss ist verziert mit heldenhaften Kampfszenen Çeləbis, während das rechte Zimmer mit mehr Blumen und Vögeln als Gemach der Frauen aus dem Harem diente. Vom Balkon aus hat man die beste Aussicht auf eine etwa 500-jährige Platane im Hof. Der Zutritt zum Palast ist nur mit Führung erlaubt.
Restaurierung des Khans-Palasts
Uwe Henschel aus Schwerin war als Projektleiter der Denkmalpflege Mecklenburg für die Sanierung des Khanspalastes zwischen 2001 und 2004 mit Geldern der Weltbank und des Landes Aserbaidschan verantwortlich. Das Projekt war natürlich eine außergewöhnliche Herausforderung für den Bauingenieur. In jenen Zeiten waren selbst Wasser, Gas und Elektrizität Mangelware in Şəki. Die örtlichen Bauarbeiter verdienten am Palast etwa 10 Dollar am Tag, damals eine große Summe und mehr als der Durchschnittslohn in Aserbaidschan. Aber der Einsatz hat sich gelohnt und der Khanspalast ist historisch detailgetreu saniert und ein Touristenmagnet für die ganze Region.
Galerien und Museen im Palast
Innerhalb der Festungsmauern finden sich eine einfache Gaststätte („Kafe“) und darunter eine plüschige Gemäldegalerie mit lokalen und nationalen Kunstwerken. Aber auch sie ermöglicht einen wunderbaren Einblick in die regionale aserbaidschanische Kunst. Überhaupt scheinen sich in Sheki viele Kreative zu versammeln.
Nebenan gibt es ein sehenswertes Ethnografisches Museum, bewacht von einer ganzen Riege freundlicher Aufseherinnen, mit Funden aus der Festung Gələrsən Görərsən, Seidenstoff-Designs, Informationen zur russischen und sowjetischen Zeit in Şəki sowie zur Unabhängigkeit seit 1991. Im Museum werden auch Teppiche gezeigt, sowie Zinn- und andere Metallgefäße, Gläser, Diwans, Ackerbaugeräte, Gemälde – insgesamt ein toller Einblick in Jahrhunderte spannender Geschichte in und um Şəki. Am Ausgang des Museums kann man in einem Shop lokale Souvenirs und vor allem Seidenschalprodukte zu guten Preisen erwerben. Ich kaufte jedenfalls einige Seidenschals und andere Seidenprodukte im Museum und die beschenkten Frauen hierzulande in Almaniya haben sich sehr gefreut.
Außerdem gibt es eine überschaubare Ausstellung regionaler Teppichmuster und Stickereien in einer alten orthodoxen Garnisonskirche, vom Ethnographischen Museum links gelegen.
Mir Teymur Mammadov – Ein zeitgenössischer Künstler in Scheki und Baku
In Scheki – unterhalb des Khan-Palastes – hat ein außergewöhnlicher aserbaidschanischer Künstler sein Atelier. Eine Reihe von großen und kleinen Keramikfiguren außen weist den Weg dorthin. Doch der Reihe nach …
In Bakus Altstadt fällt ein Haus in den engen Gassen besonders auf. Es ist voller künstlerisch gestalteter Keramik. Schon als ich das erste mal in Baku war, fiel mir dieses einzigartige Haus auf. Auch andere Touristen blieben davor stehen und machten Selfies. Dort zu klingeln habe ich mich aber nicht getraut. Wie ein Puzzle fügt sich die originelle Keramik zu einem Mosaik aserbaidschanischer Motive. Ein Künstler, der an den Wänden seines Hauses jeden einzelnen Stein mit verschiedenen Kunstobjekten schmückte? Originell! Die historisch anmutenden türkischen Tamgas (von mongolisch „Stempel“) verleihen dem Haus ein besonderes Flair. Wem mag dieses Haus wohl gehören, habe ich mich oft gefragt. Jetzt ist klar: Es gehört dem Künstler Mir Teymur Mammadov, der in Baku und Şəki lebt und arbeitet.
Mammadovs Werkstatt
Im Oktober 2018 eröffnete Mir Mammadov – in Anwesenheit des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev – in Şəki seine großzügig angelegte Keramikwerkstatt. Mehrere solcher Künstlerzentren im Land sollen folgen, erklärt der 1947 geborene Künstler in perfektem Russisch. Im Mai 2019 besuchte ich den Künstler selbst in Şəki in seiner Keramikwerkstatt. Hier könnt ihr euch von der Arbeit von Teymur Mammadov persönlich überzeugen.
In den historischen Gemäuern einer ehemaligen Kaserne entstanden etwa zehn renovierte Räume: ein Saal für Malerei, ein Saal für die Keramikherstellung, ein großer Raum mit Brennöfen, eine großzügige Küche, aber auch Schlafräume für die Künstler und den Chef. Der Höhepunkt ist der Shop, wo all die wunderbar gestalteten Exponate – kreative und auch exquisite Souvenirs – zu bewundern und zu kaufen sind. Darunter sind Vasen mit typisch aserbaidschanischen Motiven, Figuren, Gemälde, Grafiken und vieles mehr. Am Ende wird alles von den Verkäuferinnen kunstvoll verpackt und man kann sogar mit Kreditkarte bezahlen. Wer möchte, trägt sich noch ins Gästebuch ein, so wie ich es tat.
Zu den etwa zehn Künstlern, die hier arbeiten und ausstellen, gehören Aserbaidschaner aus Şəki und Baku, aber auch Lesgier aus Şəki und Umgebung. Frau Sevic ist eine bakinka, „eine aus Baku“, die gerne hier in der Provinz lebt und arbeitet. Sie gestaltet Keramik, vor allem Vasen, und lächelt glücklich.
Mammadov spricht Aserbaidschanisch, Russisch und etwas Englisch. Vor Medien, Fremden und Touristen hat er keine Scheu. Am Wochenende ist er in Baku bei seiner Familie, aber in der Woche hängt all sein Herzblut an der Keramikwerkstatt in Şəki. Jahrelang hatte er für dieses Projekt geplant, organisiert, gebaut und Beziehungen geknüpft. Nun ist sein Lebenstraum Wirklichkeit geworden. Der Künstler bedauert sehr, dass es in Aserbaidschan kein spezielles Keramikmuseum gibt.
Mir begann im Alter von fünf Jahren, Interesse an der Keramikkunst zu zeigen. Als seine Familie auf sein Talent aufmerksam wurde, unterstützte sie ihn nach Kräften. Zunächst absolvierte er die Kunstschule in Baku, 1968 bis 1978 studierte er Keramikkunst an der Leningrader Kunsthochschule und wurde in diesen Jahren zum Spezialisten dieser Kunstrichtung. Über 60 Jahre seines Lebens hat Mir Teymur der Keramik gewidmet. Sein Markenzeichen sind die alten türkischen Tamgas und feine Punkte. Im Dezember 2020 hatte ich wieder Kontakt zum Künstler und wir freuten uns beide, voneinander zu hören, trotz Corona.
Mir Teymur, der auch als Ethnograph arbeitet, erforscht die Geschichte der Turkvölker, vor allem der Aserbaidschaner und reflektiert deren Kultur, Sprache, Alphabet und mentale Sicht auf seine Kunstwerke. Besonders hat es ihm der Ton und die Keramik angetan. Er möchte seine Kunst, sein Wissen und die alte Kunst der Turkvölker an die nächste Generation weitergeben. Viel Erfolg und jede Menge Besucher wünschen wir!
Die Seidenfabrik von Scheki
Wer zur berühmten Seidenfabrik von Scheki möchte, kann dorthin z.B. mit den Marschrutkas und der Aufschrift „İpək fabriki Şəki“ (Ipek fabriki Sheki)/ „Шелковая фабрика“ oder mit dem Taxi fahren. Dort gibt es einen Fabrikladen für die schönen Seidenstoffe. Auch eine Tabakfabrik gibt es in Şəki, die Şəki Tütün Fabriki.
Moderner Shoppingtempel
Abends unternahm ich noch einen Abstecher zu einem neuen Shopping Center mit Programmkino im Süden der Stadt, etwas außerhalb. So ähnlich wie die Flame Towers Baku in den Nationalfarben Aserbaidschans wurde auch hier die Glasfassade angestrahlt. Das Center nennt sich „ASAN xidmət“. Hier werden unbürokratisch 250 Dienstleistungen wie Eheurkunden, Führerschein und Pass ausgestellt. Alles mit modernster Technik ausgestattet. Manchmal staunt man in Aserbaidschan – über die Kontraste zwischen arm und reich, zwischen Baku und der Provinz, den Ideenreichtum und die unglaubliche Gastfreundschaft.
Im Kino sah ich mit viel Muse den aserbaidschanischen Film „Taksi Liza“. Eine Filmkomödie um einen kleinen Taxifahrer, bedeutende Kunst – Mona Lisa – und die große Liebe. Denn wann und wo kann ich schon Filme aus Aserbaidschan in Berlin im Kino sehen?
Das Dorf Kisch bei Scheki mit der Albanischen Kirche
Da es nach den vielen Besichtigungen erst zeitig am Nachmittag war, wollte ich die Gunst der Stunde nutzen und in das kleine Dorf Kiş oberhalb von Şəki fahren, das sind etwa 7 km. Zufällig sah ich ein Taxi an einer Teestube. Ich fragte den Fahrer, ob wir zusammen nach Kiş (sprich: Kisch) fahren könnten. Hassan der Taxifahrer war froh über einen neuen Auftrag. Erst vorletzte Nacht war er mit dem Taxi mit französischen Touristinnen bis nach Georgien gefahren. Wir unterhielten uns fließend auf Russisch und seine goldbestückten Zähne zeigten sich beim Lachen.
Thor Heyerdahl und die Sanierung der Kirche
Nach etwa 15 min kamen wir in Kisch an, viele Schilder wiesen auf den „Albanian Temple“ hin – die alte Albanische Kirche. Liebliche Berge, Wege über zwei Brücken und schmale Straßen Richtung Kaukasus führten nach Kiş. Wir parkten gleich an der Kirche. Etwas oberhalb fand sich ein Denkmal mit dem Porträt des norwegischen Abenteurers, Anthropologen, Umweltaktivisten und Ethnologen Thor Heyerdahl. Einige aserbaidschanische Männer spielten hier Nard, ein beliebtes Brettspiel. Thor Heyerdahl (1914–2002) war in den 1980er-Jahren öfters in Aserbaidschan gewesen und fand Gemeinsamkeiten zwischen Wikingern und den Vorfahren in Aserbaidschan, auch bei den Petroglyphen in Qobustan südlich von Baku. Der Norweger setzte sich auch für die Sanierung der Albanischen Kirche in Kiş ein.
Das beeindruckende Ergebnis lässt sich heute bewundern. Mit norwegischer Unterstützung wurden 2000 bis 2003 in und um die historische Kirche herum Ausgrabungen vorgenommen, die auf eine etwa 5000-jährige Geschichte des Heiligtums schließen lassen. Die Geschichte des frühen Christentums in Aserbaidschan ist nun in Teilen sichtbar gemacht worden, indem u.a. Gräber freigelegt wurden. Weiterhin wurde die um 1900 „armenisierte“ Gestalt der Kirche zugunsten ihrer älteren – albanischen – Form aus dem 12. Jahrhundert rekonstruiert. Schon im 5. Jahrhundert fand sich hier die alte Kirche des Heiligen Elischa.
Das „Kaukasische Albanien“
Das „Kaukasische Albanien“ war ein Königreich auf dem Gebiet des heutigen Aserbaidschans, aber auch in angrenzenden Nachbarländern. Klosterkomplexe und Kirchen wurden ab dem 5. bis 7. Jahrhundert gebaut. Zum Beispiel „Die sieben Kirchen“ (Yeddi Kilse) aus dem 6./7. Jahrhundert. Im 12. und 13. Jahrhundert gewannen die albanischen Fürstentümer immer mehr an Bedeutung. In dieser Zeit wurde Großfürst Hassan Dschalal Dovla zum König von Albania gekrönt. All dies führte zu einer weiteren Entwicklung der christlichen Kultur und Architektur in der Region. Zeugnisse davon finden wir heute vor allem in West-Aserbaidschan – um Gandja, um Şəki und in Berg-Karabach. Erst später wurde in dieser Region das Christentum allmählich durch den Islam ersetzt. Das „Kaukasische Albanien“ ist mit dem heutigen Albanien nur dem Namen nach verwandt, aber nicht mehr.
Die Kirche
Auf das umzäunte Kirchengelände kommt man nach Zahlung eines kleinen Eintrittspreises. Frau Ilhama Hüseynova – sie spricht auch Englisch und Russisch – ist die profunde Kennerin der Geschichte und Gegenwart dieses Museumskomplexes. Sie steht in allen gängigen Reiseführern von Lonely Planet bis Trescher. Sie zeigt gerne Vasen und Tongefäße von den Ausgrabungen und das sanierte Innere der Kirche. Ich bin echt beeindruckt, soviel Historie live zu sehen. An großen Tafeln wird die Geschichte dieser Albanischen Kirche lebendig. Gleich gegenüber befindet sich das Sommerlokal von Ilhama, wo es Getränke, Tee und kleine Speisen zu angenehmen Preisen gibt. Auf Nachfrage vermittelt sie auch Quartiere.
Bei einem Tee kann ich mich nun endlich länger mit Hassan, „meinem“ Taxifahrer unterhalten. Er erzählt viel zum Leben in Aserbaidschan, wie schwer es in den 90er-Jahren war und was alles besser wurde in letzter Zeit. Viele sind damals nach Russland zum Arbeiten gegangen, aber inzwischen zurückgekehrt. Natürlich ist Taxifahren ein hartes Geschäft, aber sein deutsches Auto hält auch auf den Schotterpisten in den aserbaidschanischen Bergen durch. Mit etwas Englisch und vor allem Russisch kommt er sprachlich gut über die Runden.
„Salam“ ist übrigens das wichtigste Wort in Aserbaidschan für Ausländer. Mit „Hallo/Guten Tag“ kommt man überall gut an. Und Çay (Tee) gehört einfach immer zum Leben in Aserbaidschan dazu, wie ihr schnell merken würdet (mehr zur aserbaidschanischen Küche erfahrt ihr hier).
Touristische Informationen Şəki/Scheki
- Touristeninformation, Tel. +994/(0)44/2771340, tic_sheki@tourism.az. Die Info ist ausgeschildert und befindet sich in der Festung beim Eingang zum Palast, ist aber nur saisonal geöffnet.
- Die Rezeption des Hotels Şəki Saray in der Innenstadt kann aufgrund besserer Englischkenntnisse und eines zuvorkommenderen Services hilfreich sein. Dort wird auch ein mäßig guter Stadtplan verkauft.
- Am hochfrequentierten Busbahnhof gibt es an der Kasse jemanden, der Englisch versteht. Marschrutka 11 fährt von hier zur Karawanserei.
- Große Busse nach Baku fahren um 8, 8.30, 9.30, 11, 12, 14, 16 und 17 Uhr (352 km, 7 Std.). Zwischendurch fahren kleinere Minibusse die Strecke in 4,5–6 Std. mit Essenspause bei Şamaxı. Von Baku nach Şəki kommt man 9, 11, 12.20, 14, 16.30, 17.30 23.30 Uhr vom Busbahnhof aus. Morgens gibt es Busse nach Gəncə und Xaçmaz, zweimal täglich nach Qəbələ. Per Marschrutka kommt man nach Qax.
- Der Bahnhof liegt ca. 15 km südlich vom Zentrum. Züge von und nach Baku brauchen 8 Stunden. Eine bequeme Möglichkeit ist der Nachtzug: ab Baku und Şәki 23.20 Uhr, Ankunft 7.10 Uhr Şәki bzw. Baku. Schade, dass der Bahnhof so weit außerhalb des Zentrums liegt.
Hotels
Lange Jahre war die Karawanserei die weitaus populärste Unterkunft in Şəki. Inzwischen gilt das Saray-Hotel als besser. Für schmalere Budgets ist besonders das Panorama-Hotel zu empfehlen, das seinem Namen alle Ehre macht.
- Karawanserei, M. F. Axundov küç. 185, Tel. +994/(0)50/8593982. Historischer Bau mit einzigartigem Ambiente. Die Zimmer und v. a. die Bäder sind teilweise sehr renovierungsbedürftig, im Sommer sollte man reservieren. Rezeption spricht Englisch.
- Şəki Saray*, Rəsulzadə pr. 187, Tel. +994/(0)24/2448181. Komfortabel und geschmackvoll eingerichtet, die weitaus beste Unterkunft Şəkis, gratis WLAN. In der Saison frühzeitig buchen.
- Panorama Guesthouse, M. F. Axundov küç., im oberen Park, Tel. +994/(0)50/6229027. Liebevoll gestaltete kleine Pension mit nettem Garten und gutem Frühstück. Bad separat, aber sauber und mit heißem Wasser. Speziell abends ist der Panoramablick auf Şəki bei einem Glas Çay im Garten ein Genuss.
- Greenhill Inn, M. F. Axundov küç. 14/4, Tel. +994/(0)55/5505424. Großes Hotel mit Pool und großzügigen Zimmern.
- F-Garden (ehem. Cənnət Baği)*, B. Vahabzade küç. 8. Leider etwas abseits, aber idyllisch am Stadtrand gelegen; am besten mit dem Taxi erreichbar. Schöne Anlage mit viel Grün. 31 Zimmer mit mittlerem Standard, separate Häuser. Beim Frühstück toller Blick von der Terrasse auf den Großen Kaukasus. Sehr herzlicher Familienbetrieb mit begnadetem Koch. Geldwechsel, Klimaanlage, WLAN, ein Pool soll noch entstehen.
Restaurants
- Karawanserei. Man speist idyllisch im Hof zwischen Rosenbeeten. Das Essen ist gut, die Speisekarten teilweise auf Englisch. Besonders lecker ist kartof dolmacı mit Joghurt und Salat, dazu Tee mit Rosenmarmelade. Abends Livemusik, aber kein Alkohol. Die orientalische Teestube (çay evi) bietet ein überteuertes „Menü“ mit Halva, Tee und Wasserpfeife.
- Restaurant im Şəki Saray. Speziell das Abendessen mit Jazzmusik wird sehr gerühmt. Mittags gibt es Klassik. Beliebt und mit einem guten Sortiment ist die Bar (teilweise bis 1/2 Uhr nachts geöffnet).
- Im unteren Stadtpark gibt es Sommerrestaurants. Weitere Einkehrmöglichkeiten liegen um den Zentralplatz.
- Celebixon. Beliebtes Restaurant, 1 Min. vom Zentralplatz entfernt. Man kann schön draußen sitzen, auch in Separees, und orientalisches Flair mit Springbrunnen genießen.
- Der Çingiz-Klub bietet Ausstellungen und Filme, bisweilen Englisch-Aserbaidschanisch.
- Alahmad ist der beste Halva-Shop. Auf der rechten Flussseite, einfaches weißes Gebäude gegenüber vom Schachklub.
Touristische Informationen Kiş/Kisch
- Die Busse 15 und 23 fahren vom Basar in Şəki aus mit Halt an der Nordseite des Zentralplatzes nach Kiş. Wegen langer Wartezeiten ist es allerdings ratsamer, mit dem Taxi zu fahren oder zu laufen.
- Gegenüber der Kirche bietet Ilhama Hüseynova Unterkunft und in ihrem kleinen Sommerlokal Speisen und Getränken (Tel. +994/(0)50/6310246). Ilhama betreut auch das Areal der Albanischen Kirche mit Einlass, Kiosk, Souvenirs sowie fachkundiger Information.
- Auch Ilham Ağayev bietet zwei Privatzimmer direkt bei der Kirche mit Dusche im Garten. Wenig Englisch, Tel. +994/(0)24/2498417.
- Marxal Resort*, Tel. +994/(0)50/3194040. Die Preise variieren je nach Standard. In ruhiger, waldiger Lage am Fluss, mit gutem Essen, Billard und Tennis.
- Şəki Park*, bei Kiş. Schöne kleine Bungalowanlage. Opulentes Frühstücksbüfett. Gepflegte Pool-Anlage mit Blick auf den Großen Kaukasus. Tolles Restaurant mit vernünftigen Preisen.
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