Polen schmeckt! Eine kulinarische Reise durch Ostpolen

Polen schmeckt! Dass das keine leere Floskel ist, zeigen wir euch in diesem Artikel, in dem wir einige der spannendsten kulinarischen Spots Polens beschreiben.

Inhaltsverzeichnis

Wir haben euch in der Vergangenheit ja bereits einige der leckersten polnischen Gerichte vorgestellt und euch gezeigt, dass Polen schmeckt. Aber da wir euch nicht nur theoretisch vorstellen wollten, was es in Polen alles so Leckeres zu essen gibt, haben wir uns auf eine Reise in die östlichen Woiwodschaften Polens begeben und stellen euch hier mal einige wirklich besondere, nachhaltige und überraschende Familienbetriebe vor, bei denen euch garantiert das Wasser im Mund zusammenlaufen wird!

Den Kühen bei Ranczo Frontiera geht es sehr gut – und das schmeckt man!

Ranczo Frontiera

Wer an leckeren Käse denkt, dem kommen vermutlich zuerst Länder wie Frankreich und die Schweiz in den Sinn. Dass das aber in hohem Maße auch für Polen gilt, davon konnten wir uns in Masuren überzeugen. Zugegeben, man muss schon lange fahren, um zu Ranczo Frontiera zu kommen. Zwar liegt die kleine Farm nur rund km 15 südlich von Rössel (Reszel), aber die Straße ist abenteuerlich und man braucht ein stabiles Auto. Und dann ist man angekommen in der Idylle. Ein paar Kühe grasen auf einer Weide und der Blick schweift in die Ferne, außer Bäumen, Weiden und Seen gibt es hier nichts – Idylle pur und typisch Masuren eben!

Uns empfangen ein freundlicher Mann mit seiner Tochter. Wir erfahren, dass die Familie eigentlich aus Posen stammt, das Leben in der Stadt aber satt hatte und sich vor etwa 20 Jahren einen Hof mit etwa 17 ha Fläche gekauft hat. Bald begann die Familie, mit der Herstellung von Käse zu experimentieren und mittlerweile hat man einen Käse entwickelt, der so lecker ist, dass man kaum genug davon bekommen kann. Ranczo Frontiera ist aber kein Massenbetrieb, denn nur vier Jersey-Kühe hält die Familie.

„Zeit ist der Faktor, der den Käse macht“ erzählte uns der Betreiber von Ranczo Frontiera. Recht hat er!

Alles andere würde die Qualität verderben, sagt der Farmer, der eigentlich Pianist ist. Warum wir euch das erzählen? Ganz einfach, weil es sich auf die Qualität des Käses auswirkt, zumindest ist sich der Farmer da sicher. Er spielt seinen Kühen nämlich regelmäßig etwas vor. Vielleicht ist der Käse hier aber deshalb so gut, weil man einfach spürt, dass die Tiere hier respektiert werden, dass sie viel Platz und einfach ein entspanntes Leben haben.

„Dżersejowy“ lautet die etwas ungewohnte polnische Umschreibung für „Jersey“

Mittlerweile hat der kleine Betrieb, in dem der Käse auch reift, unzählige Awards gewonnen und Hotels, Privatkäufer aus Übersee und Sternerestaurants stehen Schlange, um die begehrten Laibe oder auch nur ein paar Scheiben kaufen zu können. Den Käse gibt es übrigens in verschiedenen Reifegraden, wobei er immer mild ist, was dem hohen Butterfettgehalt zuzuschreiben ist.

Zum Wohl oder „Na zdrowie“, wie man in Polen sagt.

Kwaśne Jabłko

Ob Cider wohl zu Käse passt? Hätten wir mal etwas Käse mitgenommen, um es zu probieren, als wir uns auf den Weg ins Niemandsland zwischen der Herderstadt Mohrungen (Morąg) und Guttstadt (Dobre Miasto) gemacht haben. Hier befindet sich direkt im idyllischen Tal des Flusses Passarge (Pasłęka) die etwa 50 ha große Farm Kwaśne Jabłko, was man mit „Saurer Apfel“ übersetzen könnte. Viele Jahre sind die unzähligen Apfelbäume hier alt und die Betreiber fühlen sich der Region und ihrer bewegten Geschichte eng verbunden. Sie drücken immer wieder ihren Respekt vor den deutschen Bauern aus, die die Bäume hier vor dem Zweiten Weltkrieg angepflanzt haben, als man die Gegend noch als „Oberland“ bezeichnete.

Und diese Liebe zur Region merkt man dem leckeren Cider an, der hier hergestellt wird. Verschiedene Apfelsorten kommen zum Einsatz, wobei einige Säfte sogar in Barrique-Fässern per Spontangährung zu Cider reifen, was dem Ganzen dann nochmal eine ganz besondere Note verleiht. Dabei kommt übrigens keine Hefe zum Einsatz. Die Reste der vollständig auf Bio-Qualität setzenden Produktion werden dann zu Schweinefutter verarbeitet – Nachhaltigkeit wird hier groß geschrieben. Der in Polen produzierte Cider ist übrigens etwas saurer als der, den ihr vielleicht aus Frankreich kennt. Experten empfehlen, ihn vor allem zu Fischgerichten zu genießen, da er deren Geschmack um eine ganz neue Note ergänzt.

Uns jedenfalls hat es hier sehr gefallen und sowohl die süßeren als auch die etwas saureren Sorten fanden wir durchweg lecker! Wenn ihr euch übrigens für die verschiedenen Getränke Ost- und Ostmitteleuropas interessiert, dann schaut gerne mal hier vorbei.

Vielfältig – und gesund! Öle haben zahlreiche gesundheitsfördernde Eigenschaften

Olejowe Smaki

In Masuren haben wir uns sehr wohl gefühlt. Unsere nächste Station war aber die Umgebung von Białystok ganz im Nordosten Polens. Hier liegt das kleine Dorf Turośń Kościelna, das schwer auszusprechen ist, mit Olejowe Smaki aber einen besonderen Ort beheimatet. Hier werden Öle aller Art hergestellt und man erfährt eine ganze Menge über die aus verschiedenen Samen gepressten Erzeugnisse. Dass es für so gut wie jede Krankheit ein eigenes Öl gibt, das zur Linderung der Symptome führen kann, davon sind die Betreiber der kleinen Ölmühle überzeugt. Das gilt vielleicht auf für den berühmten Gault&Millau, jedenfalls empfiehlt er die Öle ausdrücklich. Schöner Nebeneffekt: Die ausgepressten Samen werden zu Pellets weiterverarbeitet – ein echter Zero-Waste-Betrieb also.

Zerschmilzt auf der Zunge: der Speck erinnert ein wenig an ukrainischen Salo.

Ancypo

Kommen wir zu klassisch polnischen Produkten – Wurst und Fleisch. Auch bei uns zu Hause gehen viele in polnische Läden und kaufen dort Wurst aus Polen, weil sie einfach eine hervorragende Qualität aufweist. Die Messlatte liegt also hoch. Und wir ihr schon auf dem Titelbild sehen könnt, wurden wir bei Ancypo in Sokółka bei Białystok nicht enttäuscht. Auf traditionelle Weise wird hier ausschließlich von lokalen Bauern Fleisch angekauft, das dann auf ganz unterschiedliche Weise verarbeitet wird, was dem Betrieb schon unzählige Preise eingebracht hat.

Ob Wurst, Speck, Salami oder Schinken – alles ist von herausragender Qualität und wir können euch den Betrieb nur wärmstens empfehlen. Ihr bekommt ihn auch in Krynki und Białystok oder könnt ihn über die Ancypo direkt nach Hause bestellen.

Ziołowy Zakątek

Etwa auf halber Strecke zwischen Białystok und Siedlce befindet sich unser nächster Stopp, der Ziołowy Zakątek, frei übersetzt mit „Kräuterecke“. Diese Region Polens gilt als besonders traditionell und als ein Schmelztiegel der Kulturen. Im Dreiländereck zwischen Polen, der Ukraine und Belarus kämpften lange nicht nur die katholische und die orthodoxen Kirchen um die Oberhand, auch traditionelle schamanische Lebensformen hielten sich lange. Und diese Schamanen gaben über Generationen ihr Wissen um die heilende Kraft der Kräuter weiter. Ziołowy Zakątek greift diese Traditionen auf und verkauft hier Kräuter, Kräutermischungen und vieles, vieles mehr.

So sah unser Öl aus. Wie es schmeckt, werden wir aber erst in ein paar Wochen erfahren, denn es muss erst noch reifen. Optisch sind wir auf jeden Fall überzeugt

In Workshops kann man sogar sein eigenes Öl herstellen und ganz nach seinem Wunsch gestalten. Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken!

Ziołowy Zakątek ist nämlich nicht nur ein Kräuterladen, hier finden sich auch ein riesiger Botanischer Garten, ein Spa, ein Hotel, ein Restaurant und vieles mehr. Wenn ihr also mal Urlaub im Einklang mit der Natur machen wollt, dann seid ihr hier genau richtig!

Manufaktura Cieleśnica

Auch unser nächster Spot ist nicht nur unter kulinarischen Gesichtspunkten interessant. Cieleśnica liegt nur einen Steinwurf von der Grenze zu Belarus entfernt vor den Toren von Janów Podlaski, das für seine Pferdezucht berühmt ist. Hier steht ein traumhaftes Anwesen, das wie ein verwunschenes Schloss wirkt, gerade wenn morgens die Nebelschwaden des Flusses Bug über das Anwesen schweben.

So schön präsentiert sich Cieleśnica

Das Schloss gehörte einst der bekannten Magnatenfamilie Radziwiłł, nach aufwendiger Restaurierung wurde hier ein Hotel eingerichtet. Und eine Destillerie! Der sympathische Destillateur Szymon brennt in einem Nebengebäude, das zum Gut gehörte leckere Schnäpse und Liköre in ganz unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und Stärkegraden. Und die sind richtig gut! Auch hier wurde auf das alte Wissen der lokalen Bevölkerung zurückgegriffen, die seit Jahrhunderten aus den hier auftretenden Fruchtsorten leckere Getränke erzeugt.

Szymon weiß alles über das Thema Schnaps und gibt sein Wissen gerne an Besucher weiter

Was uns besonders gefallen hat, war neben dem Schloss aber auch der Lost Place dahinter. Hier entstand in den 1920er-Jahren eine Wodkafabrik, die mehr und mehr verfiel. Es ist schon ein bisschen gruselig, hier herumzuspazieren, ehe man in die moderne Destillerie kommt. Auch wenn Cieleśnica ziemlich weit im Osten liegt und nicht ohne Weiteres zu erreichen ist, legen wir euch einen Besuch aufgrund der einmaligen Atmosphäre des Ortes wärmstens ans Herz.

Winnica Dwórzno

Ok, jetzt wird es ein bisschen skurril. Zum Abschluss der Reise ging es nämlich nach Warschau. So weit, so normal. Was uns aber vor den Toren der Stadt erwartete, damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Hier befindet sich nämlich ein Weingut! Polen wird so gut wie nie mit Wein assoziiert, eher schon mit Wodka oder Bier. Tatsächlich gibt es aber besonders im Westen des Landes mehrere Anbaugebiete, vor allem die Region um Zielona Góra (Grünberg) ist bekannt für ihren Wein. Insgesamt gibt es ganze 400 Weingüter im Land, die es allerdings nur auf eine Gesamtanbaufläche von rund 600 ha bringen. Aber so weit im Osten, wo das Klima schon deutlich kontinental geprägt ist, hätten wir ein Weingut wirklich nicht vermutet.

Optisch machen die Weine einiges her!

Die familiengeführte Winnica Dwórzno trotzt den mitunter harten Temperaturen im Winter und hat sich mittlerweile zum größten Weingut in ganz Zentralpolen entwickelt. Das spannende ist, dass der polnische Weinmarkt kaum reguliert ist. Was auf den ersten Blick vielleicht nicht so gut klingt, bedeutet in der Praxis, dass die Winzer ein hohes Maß an kreativer Freiheit haben und sich nach Lust und Laune austoben können. In Polen werden übrigens hauptsächlich Trauben der Sorten Solaris (mit Abstand am populärsten), Hibernal, Seyval Blanc und Regent angebaut. Bei allen handelt es sich um Sorten, die gut mit Frost klarkommen.

Die Reben wurden aus Deutschland importiert. Aber warum entstand ausgerechnet hier im Herzen von Masowien ein Weingut? Das liegt daran, dass die Familie hier früher eine Himbeerfarm betrieb und irgendwann auf die Idee kam, Wein aus Himbeeren herzustellen, der sich schnell großer Beliebtheit erfreute. Und irgendwann begann man dann, auch Wein aus Trauben herzustellen, so wie man es bei uns gewohnt ist.

Bei einer Tour durch das Weingut erfahrt ihr alles über die polnischen Weinpioniere der Winnica Dwórzno

Die klimatischen Bedingungen, mit denen man sich hier konfrontiert sieht, sind nicht einfach. Vor allem der Bodenfrost macht den Reben zu schaffen, aber man verlegte kurzerhand Schläuche, die mit heißem Wasser gefüllt werden können, um dem Problem Herr zu werden. Und so gelang es, immerhin 50.000 Flaschen pro Jahr zu produzieren, wobei die Lese sehr spät im Jahr erfolgt, typischerweise Ende September oder auch Anfang Oktober. Ihr könnt auf dem Betrieb nicht nur eine Verkostung machen, sondern euch auch auf eine Tour durch die Reben begeben, sogar eine Audiotour mit dem Smartphone ist möglich.

Polen schmeckt – Das war unsere Tour

Dass Polen schmeckt, wussten wir auch vorher schon. Trotzdem haben wir auf unserer Reise viel Neues, Spannendes und vor allem Überraschendes kennengelernt und sind jedes Mal fasziniert von der Vielfalt polnischer landwirtschaftlicher Produkte. Besonders schön finden wir, dass das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile in Polen eine sehr große Rolle spielt und dass die Betriebe hier viel Wert auf Qualität, Einklang mit der Natur und kurze Transportwege legen.

Buchtipps zum Thema Polen schmeckt

Ihr habt Hunger bekommen, wollt polnische Gerichte nachkochen oder kennt die polnische Küche schon ein bisschen? Dass Polen schmeckt, wisst ihr ja inzwischen, werft doch doch mal einen Blick in unsere Kochbuch-Auswahl.

Die Food-Bloggerin Sylwia Erdmanska-Kolanczyk hat schon mehrere Kochbücher verfasst und widmet sich hier ihrer kulinarischen (und tatsächlichen) Heimat Polen. Dabei verleiht sie vielen Gerichten eine moderne Note und interpretiert so alte Rezepte neu.

Der Autor listet in seinem Buch „Babka“ 60 Klassiker der polnischen Küche auf. Die gut beschriebenen Gerichte werden dabei um wunderschöne Bilder ergänzt, die schon beim Durchblättern des Buches Appetit machen.

Ein Kochbuch der etwas anderen Art: Die Autorin listet hier nicht nur gewöhnliche und ungewöhnliche polnische Rezepte, sondern beschreibt auch deren Herkunft und bietet leckere Cocktailrezepte! Allerdings ist das Buch nur auf Englisch verfügbar.

Ihr wollt Masuren erkunden? Mit meinem neuen Reiseführer ist das kein Problem. Er ist ab Anfang 2023 erhältlich, ihr könnt ihn aber schon jetzt vorbestellen!

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Was macht für euch die polnische Küche aus und welches sind eure Lieblingsgerichte? Lasst es uns wissen und schreibt uns einen Kommentar!

Schaut gerne auch bei unserer Kollegin Trolleygirl vorbei und schaut, was sie zu dem Thema geschrieben hat!

*  – dieser Link ist ein Partnerlink. Wenn Ihr hierüber etwas kauft oder bestellt, bekommen wir eine kleine Provision. Euch kostet das keinen Cent extra und wir können weiter neue Beiträge für euch schreiben. Danke für eure Unterstützung!

Markus Bingel hat lange in Polen, der Ukraine und Russland studiert und gearbeitet. Als Reisebuchautor zieht es ihn mehrmals im Jahr in die Länder des „Wild East“ – und noch immer ist er jedes Mal fasziniert von dieser Region. Als Co-Gründer des Blogs möchte er euch gerne die unbekannten, spannenden und immer wieder überraschenden Seiten Osteuropas vorstellen.

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[…] Schaut auch bei meinen Bloggerkollegen von Wild East vorbei https://wildeast.blog/polen-schmeckt/ […]

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